1987
a-ha

The Living Daylights

THE LIVING DAYLIGHTS ist der Titelsong des gleichnamigen fünfzehnten James-Bond-Films (deutsche Übersetzung: Der Hauch des Todes). Komponiert und eingespielt wurde er von der norwegischen Pop-Band a-ha unter Mitwirkung des britischen Filmkomponisten John Barry. Der Song avancierte zu einem der größten Hits der Band.

I. Entstehungsgeschichte

Der Film The Living Daylights kam im Sommer 1987 weltweit in die Kinos. Im selben Zeitraum (22. Juni 1987) erschien die Single mit dem gleichnamigen Titelsong. Produziert wurde der Song von den zwei a-ha-Mitgliedern Magne Furuholmen und Pål Waaktaar-Savoy sowie von John Barry, dem langjährigen Komponist für Bond-Filme, und Jason Corsaro, einem seinerzeit gefragten Pop-Produzenten. Als Autoren werden Pål Waaktaar-Savoy und John Barry genannt, doch kommentiert die Band diesen Umstand in widersprüchlicher Weise, was wohl vor allem der konfliktreichen Zusammenarbeit zwischen den beiden Parteien geschuldet ist. Demzufolge war besagter Barry zu keinem Zeitpunkt in den eigentlichen Kompositionsprozess involviert. Nichtsdestotrotz schien der Einfluss Barrys auf das Endprodukt so weit zu reichen, dass sich die Band ein Jahr nach dem Single-Release veranlasst fühlte, den Song in überarbeiteter Fassung auf ihrem Studio-Album Stay on these Roads (1988) erneut zu veröffentlichen.

II. Kontext

In der nun fünfzigjährigen Geschichte der Bond-Filme haben sich die Titelsongs zu exponierten Repräsentationen der Mainstream-Kultur in der populären Musik entwickelt. Erhält ein Künstler oder eine Band den Auftrag, einen Titelsong zu schreiben und/oder einzuspielen, so zieht dies aufgrund des hohen (pop)kulturellen Stellenwerts von Bond-Filmen einen Gewinn an öffentlicher Aufmerksamkeit nach sich. Gleichzeitig kommt ein solcher Auftrag einem Ritterschlag gleich, denn angefragt werden nur solche Stars, die entweder besonders angesagt sind oder bereits – wie die Figur James Bond selbst – ‚Legendenstatus’ erlangt haben. Nichtsdestotrotz sind Bond-Songs ihrer Funktion nach Filmmusik. Dementsprechend sind sie eingebunden in ein filmisch-dramaturgisches Gesamtkonzept, in dem sie eine bestimmte Aufgabe übernehmen. Sie erklingen parallel zum Vorspann und lassen diesen im effektvollen Zusammenspiel mit der Bewegtbildebene als atmosphärisch verdichteten Prolog erscheinen. Der Effekt des Atmosphärischen ergibt sich dadurch, dass die filmische Erzählwelt vor allem in assoziativer, affektiver und (eingedenk des Songtextes) in sprachbildlicher Weise vorweggenommen wird. Dabei zeigt sich, dass die Bildebene für sich genommen einem eigenständigen ästhetischen Konzept folgt. So bedienen sich die Vorspannsequenzen in der Regel einem relativ eng gefassten visuellen Darstellungsspektrum, dessen Hauptzutaten die silhouettenhafte Darstellung attraktiver Frauen, Schusswaffen, fließend-wabernde Bildflächen (v.a. Flammen, Wasser und Nebel) und Bildüberlagerungen sind – all dies geschieht zumeist vor dunklem Bildhintergrund. Im vorliegenden Fall bedeutet dies eine Montage von Darstellungen attraktiver Frauen (mal in tänzerischer-turnender, mal in lasziv-verharrender Pose) mit Aufnahmen von abgefeuerten Pistolen und Impulswellen auf glatter Wasseroberfläche. Der Film selbst handelt von dem zwielichtigen Sowjet-Agenten Georgi Koskov (gespielt von Jeroen Krabbé), der sich zunächst dem britischen Geheimdienst als Überläufer zu erkennen gibt, jedoch zusammen mit dem Waffenhändler Whitaker (gespielt von Joe Don Baker) den Plan verfolgt, einen Krieg zwischen den Weltmächten zu provozieren. Nachdem James Bond (gespielt von Timothy Dalton) dieses Spiel durchschaut hat, gelingt es ihm, Whitaker zu töten und Koskov der Gefangennahme durch Sowjet-General Pushkin (gespielt von John Rhys-Davies) zuzuführen.

Für die Band a-ha bedeutete die Interpretation des Titel-Songs einen weiteren großen internationalen Erfolg in ihrer bis dato äußert dynamisch verlaufenden Karriere. Die Single avancierte in mehreren Ländern zum Top-Ten-Hit. Zuvor erlangte die Band mit Hits wie “Take on Me” (1985), “The Sun Always Shines on T.V.” (1985) und “Hunting High and Low” (1986) Weltruhm. In den 1990er Jahren sollte der kommerzielle Erfolg der Band merklich abflauen. Erst zu Beginn der 2000er Jahre gelang der Band ein öffentlichkeitswirksames Comeback, das nun aber vor allem auf Albumverkäufen und extensiver Tourneetätigkeit aufbaute. Im Jahr 2010 schließlich löste sich die Band auf.

III. Analyse

Der Song hat eine Laufzeit von 4 Minuten und 4 Sekunden. Das Tempo beträgt ca. 120 bpm. Das Arrangement umfasst Haupt- und Nebengesang, einen Orchesterpart sowie die typischen Band-Instrumente Gitarre, Bass, Keyboard und Schlagzeug. Der Formverlauf konstituiert sich wie folgt: Intro, 1. Strophe, Zwischenspiel, Bridge, Refrain, Zwischenspiel, 2. Strophe, Zwischenspiel, Bridge, Refrain, Instrumentalteil, Bridge (instrumental), Bridge (verkürzt), Refrain, Outro. Der formale Kern des Stücks besteht demnach in der Wiederholung eines Formblocks bestehend aus den Abschnitten Strophe, Zwischenspiel, Bridge und Refrain. Das Klangbild entspricht im Großen und Ganzen jenem melodiösen Synthiepop-Sound, der sich in den 1980er Jahren größter Beliebtheit erfreute. Allerdings lässt sich hierzu ergänzen, dass THE LIVING DAYLIGHTS sowie eine signifikante Anzahl weiterer a-ha-Songs z.T. markante Gitarrenparts aufweisen, die dem Stil der Band ein Rock-Element hinzufügen. Harmonisch betrachtet wird der Songverlauf vor allem durch den Tonartwechsel zwischen Strophe und Refrain auf der einen Seite (D-Moll) und Bridge (F-Moll) auf der anderen geprägt. Innerhalb der einzelnen Abschnitte bilden ‚klassische’ Pop- und Rock-Kadenzen den harmonischen Grundstock, so in Strophe und Refrain die Verbindung I – IV – VII und in der Bridge I – IV(#) – V. Der Wechsel zwischen Strophe und Bridge von D-Moll nach F-Moll erfolgt übergangslos, d.h. in Form einer Kleinterz-Rückung. Demgegenüber wird der Wechsel zurück in die Ausgangstonart innerhalb des Refrains durch zwei Akkorde (Des und Es) vorbereitet. Ein Ausscheren aus dem eher ebenmäßigen harmonischen und formalen Gerüst lässt sich in dem Instrumentalteil nach dem zweiten Refrain feststellen. Hier erklingt über dem Liegeton D in den Bässen eine sachte abwärts gleitende Melodie in Moll, gespielt von Oboen und Violinen/Bratschen. Dies wird gefolgt von einer instrumentalen Interpretation der Bridge inkl. kurzer Saxophon-Einschübe. Schließlich wird in der Outro das harmonische und melodische Material der Strophe übernommen, mehrfach wiederholt, bevor der Song in einem Fade-Out endet.

Der Songtext beginnt in direkter Rede (“Hey driver, where we’re going”). Die hierdurch angedeutete Gesprächskonstellation wird jedoch nicht weiter verfolgt. Prägend sind im Weiteren Ich-Beschreibungen, die den Erzähler als in einer krisenhaften Lebenssituation befindlich kennzeichnen. Dabei werden zum einen fatalistische Ansichten wiedergegeben (“Set your hopes up way too high / The living’s in the way we die”), zum anderen wird auf eine intime Beziehung angespielt (“I’ve been watiting long for one of us to say”), in der beide Partner in düster-romantischer Emotionalität verbunden scheinen (“Save the darkness, let it never fade away”). Der Refrain besteht lediglich aus dem dreimaligen ‚Ausruf’ des Songtitels (“Oh, the living daylights”). Der Songtitel mag denn auch als Schlüssel zur geschilderten Krisensituation dienen, die vom Erzähler als existentiell empfunden wird. So lässt sich “The Living Daylights” am ehesten mit dem Ausdruck “Lebensgeister” ins Deutsche übersetzen. Die Schilderungen sind demnach vor dem Hintergrund der Angst oder des Wunsches zu lesen – diese Ambivalenz wird narrativ nicht aufgelöst –, ebenjene Lebensgeister zu verlieren.

IV. Rezeption

THE LIVING DAYLIGHTS avancierte zum internationalen Top-Ten-Hit, wenn er auch an den Erfolg vorangegangener a-ha-Singles wie “Take on Me” (1985) oder “The Sun Always Shines on T.V.” (1985) nicht anknüpfen konnte. Bis zur Auflösung der Band im Jahr 2010 gehörte der Song zum Standard-Repertoire ihrer Live-Auftritte. Eine Performance des Songs ist auf dem Live-Album How Can I Sleep with Your Voice in My Head (2003) zu hören. Filmisch festgehalten ist die Darbietung des Songs auf den Live-DVDs Live At Vallhall – Homecoming (2002) und Ending on a High Note: The Final Concert (2011). Wiederveröffentlicht wurde THE LIVING DAYLIGHTS auf den Best-of-Compilations The Singles: 1984 – 2004 (2004) und The Definitive Singles Collection 1984 – 2004 (2005). Eine Weiterverarbeitung in populären Medien- und Musikkulturen, etwa in Form von Coverversionen, hat bislang nur marginal stattgefunden.

 

CHRISTOFER JOST


Credits

Hauptgesang: Morten Harket
Nebengesang, Gitarre: Paul Waaktaar-Savoy
Nebengesang, Keyboards: Magne Furuholmen
Bass: Leif Karsten Johansen
Schlagzeug: N.N.
Orchester-Arrangement und Dirigat: John Barry
Autoren: John Barry und Paul Waaktaar-Savoy
Produzenten: Jason Corsaro, Magne Furuholmen, Paul Waaktaar-Savoy und John Barry
Label: Warner Bros.
Spieldauer: 4:47

Recordings

  • a-ha. “The Living Daylights”, The Living Daylights, 1987, Warner Bros., 9 28305-7, USA (Vinyl/Single).
  • a-ha. “The Living Daylights”, The Living Daylights, 1987, Warner Bros., W8305, 928305-7, UK (Vinyl/Single).
  • a-ha. “The Living Daylights”, Stay on these Roads, 1988, Warner Bros., 925 733-2, Europa (CD/Album).
  • a-ha. “The Living Daylights”, How Can I Sleep With Your Voice In My Head, WEA Records, 5050466-3329-2-9, Europe (CD/Album).

References

  • Burlingame, John: The Music of James Bond. Oxford: Oxford University Press 2012.
  • Duncan, Paul: The James Bond Archives. Köln: Taschen 2012.
  • Omdahl, Jan: a-ha – Die ganze Geschichte. Die autorisierte Biografie. Innsbruck: Hannibal 2010.

Links

  • http://a-ha.com/discography/albums/stay-on-these-roads/the-living-daylights/ [07.01.2013].

About the Author

PD Dr. Christofer Jost is research associate at the Zentrum für Populäre Kultur und Musik, University of Freiburg, and teaches media studies at the University of Basel.
All contributions by Christofer Jost

Citation

Christofer Jost: “The Living Daylights (a-ha)”. In: Songlexikon. Encyclopedia of Songs. Ed. by Michael Fischer, Fernand Hörner and Christofer Jost, http://www.songlexikon.de/songs/thelivingdaylights, 08/2013 [revised 03/2014].

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