1965 wurde die Single RESCUE ME von Fontella Bass veröffentlicht, erreichte Platz eins der Billboard R ‘n’ B Charts und wurde millionenfach verkauft. Durch diesen Erfolg bleibt Bass als starke Soulstimme der 1960er-Jahre in Erinnerung und hat einen der bedeutendsten Soulsongs dieser Zeit geschaffen.
I. Entstehungsgeschichte
Zu dem von Bass gesungenen Song “The Soul of a Man” fehlte eine B-Seite. Deshalb trafen sich Fontella Bass, Billy Davis, Raynard Miner, Carl Smith und Phil Wright im Studio von Chess Records in Chicago. Bei einer folgenden Jamsession entstand RESCUE ME mit Fontella Bass als Sängerin, Maurice White am Schlagzeug, Louis Satterfield am Bass, Gene Barge an den Blasinstrumenten und Minnie Riperton als Backgroundsängerin. Da sich RESCUE ME als der deutlich stärkere Song entpuppte, verdrängte er “The Soul of a Man” auf die B-Seite. So wurde zuerst am 25. September 1965 RESCUE ME als 7″ Vinyl-Single mit “The Soul of a Man” als B-Seite bei Checker (Sublabel von Chess Records) veröffentlicht. 1966 veröffentlichte Checker zudem das Album The ‘New’ Look von Fontella Bass – ebenfalls als Vinyl mit RESCUE ME auf der A-Seite und 11 weiteren Songs.
Bei der Aufnahme von RESCUE ME vergaß Bass den Text, was zum charakteristischen Summen am Ende des Liedes führte. In ihrer Zeit als Sängerin in der Kirche, hatte Bass gelernt, einfach weiter zu summen, wenn man einmal den Text vergessen hatte.
Billy Davis lief daraufhin durch das Studio und gab jedem Musiker durch ein Antippen zu verstehen, aufzuhören zu spielen, wodurch das markante, gleichsam natürliche Fade-out entstand. Es wurden danach noch weitere Aufnahmen gemacht, doch die “improvisierte” Aufnahme war die “richtige”.
II. Kontext
Ob Bass am Text von RESCUE ME beteiligt war, ist nicht eindeutig geklärt. Bei BMI (Broadcast Music Incorporated) werden nur Raynard Miner und Carl Smith als Songwriter aufgeführt, sie blieb jedoch bei der Behauptung, am Song mitgeschrieben zu haben. Chess Records jedoch hatte dem Song und damit auch Fontella Bass viel zu verdanken. RESCUE ME war die erste Single nach Chuck Berrys Erfolgen zehn Jahre zuvor, welche über eine Million Verkäufe verzeichnete.
Für die 1940 in St. Louis geborene Sängerin und Pianistin war RESCUE ME trotz aller Schwierigkeiten mit dem Label ihr größter Erfolg (vgl. Perrone 2012). Bereits als Kind lernte Bass Gospel von ihrer Mutter und spielte in deren Gospelgruppe, die traditionsreichen Ward Singers, Klavier. Als Teenager fand sie dann den Zugang zu populärer Musik und spielte Klavier bei Little Milton. Über einige Aufnahmen mit ihm kam sie zu Chess Records und veröffentlichte ihre ersten Aufnahmen: “Don’t Mess Up a Good Thing” und “You’ll Miss Me (When I’m Gone)” – beide nicht sonderlich erfolgreich. Darauf folgten RESCUE ME und einige weitere weniger erfolgreiche Aufnahmen. Schließlich verließ Bass Chess Records und ging mit ihrem Mann auf Tour. Es folgten weitere Alben, wie etwa Free, und einige Gospel-Alben, die jedoch nur mäßigen kommerziellen Erfolg zeitigten. No Ways Tired wurde schließlich für einen Grammy nominiert (vgl. Sisario 2012).
III. Analyse
RESCUE ME ist durch seinen warmen Soul-Sound und den sich häufig wiederholenden, einprägsamen Text ein leicht eingängiger Song.
In dem Songtext geht es um die Sehnsucht nach Liebe und den Wunsch, endlich aus der Einsamkeit gerettet zu werden (“I need you / and your love, too / come on and rescue me”). Dies wird besonders daran deutlich, dass sich diese Textzeilen in allen drei Strophen wiederholen. Generell ist der Text sehr repetitiv und wenig abwechslungsreich. So sind die erste und dritte Strophe identisch und unterscheiden sich auch von der zweiten Strophe nur durch drei Zeilen. Daran lässt sich nachvollziehen, dass der Song aus einer Jamsession entstand und ihm kein ausgefeiltes Songwriting zugrundeliegt.
Der Song setzt sich aus den klassischen Formteilen der Popmusik zusammen: Strophe, Chorus und Bridge. Auf Strophe eins folgt der Chorus, darauf folgen wiederum Strophe zwei, Refrain und die Bridge (instrumental). Daran schließen die dritte Strophe sowie Variationen des Chorus an, welche Textpassagen aus der Strophe und dem Chorus verwenden. Der Aufbau wird durch ein Intro und ein Outro eingerahmt.
Zu Beginn des Liedes setzen die Instrumente nacheinander ein. Es beginnen Bass, Gitarre und Schlagzeug, darauf folgen Orgel, Klavier sowie eine Posaune, noch bevor der Gesang einsetzt. Eine prägnante Kombination bilden der lebhafte Bass und der temperamentvolle Vocal-Part von Fontella Bass. Beide Elemente, verbunden mit den kurzen markanten Bläserparts und dem simplen und sich wiederholenden Text, machen RESCUE ME zu einem sehr einprägsamen Pop- bzw. Soul-Song.
Das Cover des Albums The ‘New’ Look zeigt Fontella Bass in graublau gekleidet vor einem ockerfarbenen Hintergrund eine lange Peitsche schwingen, was ein wenig an ein Cowgirl erinnert, aber in starkem Kontrast zu ihrer Kleidung steht. Generell steht das Cover im Gegensatz zu den meisten Plattencovern der Zeit, die meist nur den Oberkörper oder das Gesicht der Interpretin/des Interpreten, oftmals in Schwarzweiß, zeigten.
IV. Rezeption
Alle drei Singles von Bass bei Chess Records wurden direkt nach der Veröffentlichung in den Top 40 der Billboard Charts gelistet, die Single RESCUE ME bleibt die erfolgreichste unter ihnen: Sie erreichte Platz eins in den Billboard Hot R&B Charts und Platz vier in den Billboard Hot 100 Charts (vgl. Ramirez 2012). In den britischen Charts hielt sie sich zehn Wochen auf Platz elf (vgl. Official Charts). Sie wurde millionenfach verkauft und zu einer der relevantesten Songs des Soul-Genres der 1960er-Jahre.
Zudem entstanden zahlreiche Coverversionen , u. a. von Cher, Bryan Ferry, Pat Benatar oder Diana Ross.
Auch Aretha Franklin interpretierte den Song neu als Jingle “Deliver Me” für die 1991 und 1992 laufende Werbekampagne von Pizza Hut. Weitere Firmen, wie L’Oreal, TENA, American Express oder Swiffer nutzen RESCUE ME für Werbespots. Außerdem wurde der Song in Film und Fernsehen verwendet, wie z.B. in Sister Act, A Cinderella Story oder I, Robot (vgl. Perrone 2012).
ALEXANDRA BEEKE DOSSENBACH
Credits
Drums: Maurice White
Bass: Louis Satterfield
Guitar: Pete Cosey, Gerald Sims
Vocals: Fontella Bass
Piano: Leonard Caston
Organ: Sonny Thompson
Vibes: Charles Stepney
Background Vocals: Minnie Riperton
Arrangement: Phil Wright
Writer: Raynard Miner, Carl Smith
Producer: Billy Davis, Raynard Miner, Carl Smith
Label: Checker
Recorded at Chess Records
Published: 1965
Length: 2:52
Recordings
- Fontella Bass “Rescue Me”. On: Rescue Me, 1965, Checker, 1120, USA (7″ Vinyl, Single).
- Fontella Bass “Rescue Me”. On: The ‘ New’ Look, 1966, Checker, LP 2997, USA (Vinyl, LP, Album, Mono).
Covers
- Pat Benatar. “Rescue Me”. On: Speed (Songs From And Inspired By The Motion Picture), 1994, Fox Records, 07822-11018-2, USA (CD Album).
- Big Twist and the mellow fellows. “Rescue Me”. On: One Track Mind, 1982, Flying Fish, FF 268, USA (Vinyl, LP, CD Album).
- Cher “Rescue Me”. On: Rescue Me / Dixie Girl, 1975, MCA Records, MCA-40375, USA (7″ Vinyl, Single).
- Bryan Ferry. “Rescue Me”. On: Taxi, 1993, Reprise Records, 9 45246-2, USA (CD Album, Vinyl).
- Melissa Manchester. “Rescue Me”. On: Better Days & Happy Endings, 1976, Arista, AL 4067, USA (Vinyl, LP, Album) / On: Rescue Me, 1976, Arista, AS 0196, USA (7″ Vinyl).
- Cat Miller. “Rescue Me”. On: Cat, 1986, Solar, ST-72551, USA (Vinyl, LP, Album).
- Ann Peebles. “Rescue Me”. On: This is Ann Peebles, 1969, Hi Records, SHL 32053, USA (Vinyl, LP, Album) / On: The Complete Ann Peebles On Hi Records Volume 1: 1969 – 1973, 2003, Hi Records, HEXD 55, USA (2x CD Compilation).
- Linda Ronstadt. “Rescue Me”. On: Linda Ronstadt, 1971, Capitol Records, SMAS 635, USA (Vinyl, LP, Album, Jacksonville Pressing, Gatefold).
- Diana Ross. “Rescue Me”. On: Swept Away, 1984, RCA, AFL1-5009, USA (Vinyl, LP, Album, Gatefold).
References
- BMI.com. URL: http://repertoire.bmi.com/DetailView.aspx?detail=titleid&keyid=1244239&ShowNbr=0&ShowSeqNbr=0&blnWriter=True&blnPublisher=True&blnArtist=True [26.01.2019]
- Internet Movie Database. URL: https://www.imdb.com/name/nm0060057/ [29.01.2019].
- Official Charts. URL: https://www.officialcharts.com/search/singles/rescue-me [06.01.2019].
- Perrone, Pierre: “Fontella Bass: Singer famed for her powerful interpretation of the million-seller ‘ Rescue Me‘ “. In: The Independent, 28.12.2012. URL: https://www.independent.co.uk/news/obituaries/fontella-bass-singer-famed-for-her-powerful-interpretation-of-the-million-seller-rescue-me-8432763.html [06.01.2018].
- Ramirez, Erika: “Fontella Bass: Top 5 Covers of ‘Rescue Me‘ “. In: Billboard, 27.12.2012. URL: https://www.billboard.com/articles/news/1481223/fontella-bass-top-5-covers-of-rescue-me [06.01.2018].
- Sisario, Ben: “Fontella Bass, 72, Singer of ‘Rescue Me‘ , Is Dead”. In: The New York Times, 27.12.2012. URL: https://www.nytimes.com/2012/12/28/arts/music/fontella-bass-72-singer-of-rescue-me-is-dead.html?_r=0/ [26.01.2018].
About the Author
Analysis written in a course of Prof. Dr. Fernand Hörner at the University of Applied Sciences Düsseldorf.
Citation
Alexandra Beeke Doßenbach: “Rescue Me (Fontella Bass)”. In: Songlexikon. Encyclopedia of Songs. Ed. by Michael Fischer, Fernand Hörner and Christofer Jost, http://www.songlexikon.de/songs/rescue-me, 12/2019.
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