1973
Pink Floyd

Money

MONEY ist ein blueslastiger Song der britischen Band Pink Floyd, in dem die Auswirkungen der kapitalistischen Weltordnung auf das menschliche Verhalten in kritischer Weise kommentiert werden.

I. Entstehungsgeschichte

MONEY ist der sechste Track auf The Dark Side of the Moon, dem am 1.3.1973 erschienenen achten Studioalbum von Pink Floyd. Der Song wurde zwei Monate später als Single veröffentlicht (mit der B-Side “Any Colour You Like”). Für Musik und Text zeichnete der Bassist der Band, Roger Waters, verantwortlich. Als Tontechniker während der gesamten Albumproduktion agierte Alan Parsons, der sich bereits durch sein Mitwirken an dem Beatles-Album Abbey Road einen Namen als versierter Klanggestalter gemacht hatte. Die Aufnahmen fanden in den Abbey Road Studios statt. Die Studio-Sessions waren für das finale Arrangement von entscheidender Bedeutung, da sich Waters’ Komposition im Wesentlichen auf den Text, das charakteristische Bass-Riff und die harmonische Grundstruktur beschränkte. Insbesondere die ausgedehnten Instrumental-Parts in der Mitte des Songs mit den Soli von David Gilmour (Gitarre) und Gastmusiker Dick Parry (Tenorsaxophon) gingen auf das wiederholte improvisatorische Zusammenspiel der Musiker zurück. Ferner arbeiteten Pink Floyd mit Klangcollagen, einem bereits auf den Vorgängeralben mehrfach angewandten Gestaltungsmittel. So besteht das Intro des Songs aus rhythmisch zusammengeschnittenen Aufnahmen von klirrenden Münzen, Registrierkassen, Zählmaschinen und zerrissenem Papier. Entscheidenden Einfluss auf das Klangbild hatte schließlich das Gitarrenspiel von David Gilmour. Dieses gründet auf zwei unterschiedlichen Klangeinstellungen: Danach zeichnen sich die rhythmisch-akkordischen Parts durch einen trocknen Sound aus, d.h., es liegt kein signifikanter Reverb-Effekt vor und der gewählte Tonabnehmer zielt auf einen klaren, obertonreichen Klang hin. Im Gegensatz dazu werden die Soli in den Viervierteltakt-Abschnitten von einem Reverb-geschwängerten, mittenbetonten Sound getragen. Hierdurch entstehen jene Klangflächen von “epischer” Größe, die insgesamt charakteristisch für den Sound von Pink Floyd sind.

II. Kontext

Zum Zeitpunkt der Albumproduktion waren Pink Floyd eine international bekannte Band, die in der Öffentlichkeit jedoch nicht als Superstars wahrgenommen wurde. Zu Beginn ihrer Karriere in der Mitte der 1960er Jahre schien dieser Status noch vorprogrammiert. Vor allem ihr charismatischer Frontmann und kreativer Kopf Syd Barrett ließ sie zu einem aufstrebenden Act der Londoner Underground-Szene avancieren. Doch jener Barrett musste schon im Jahr 1968 die Band verlassen, nachdem übermäßiger Drogenkonsum und psychische Störungen eine geregelte Zusammenarbeit mit ihm unmöglich gemacht hatten. Demnach befand sich die Band zu Beginn der 1970er Jahre in einer Phase der Neuorientierung. Die vier verbliebenen Musiker – eher von unauffälliger Natur – sahen sich mit dem Umstand konfrontiert, ohne charismatischen “Anführer” und Mastermind weiterarbeiten zu müssen. Eine Antwort hierauf stellte die Vertiefung in ausgefeilte Song-Arrangements und psychedelische Klangwelten dar. Zudem steuerte die Band in der Folge diverse Filmmusiken bei, u.a. zu Michelangelo Antonionis Film Zabriskie Point. Die Nähe zu filmischen Darstellungen spiegelte sich schließlich in dem 1972 erschienenen Musikfilm Pink Floyd: Live at Pompeii wider, in dem die Band vor den Kulissen der berühmten italienischen Ruinenstadt ihre Musik darbot. Alles zusammengenommen zeigt sich, dass die Arbeit an The Dark Side of the Moon der Band dazu diente, sich in künstlerischer Weise endgültig von ihrem ehemaligen Bandleader zu emanzipieren.

III. Analyse

Der Song dauert in der Albumversion 6:22 Minuten (Single: 3:59 Minuten); das Tempo beträgt ca. 125 bpm. Neben dem Gesang kommen E-Gitarre(n), E-Bass, Schlagzeug und Tenorsaxophon zum Einsatz. Das tonale Tentrum ist H(-Moll). Der Song beginnt mit dem oben erwähnten Intro, in dem verschiedene Alltagsgeräusche, die allesamt um das Thema Geld kreisen, in rhythmisierter Form zu einer Klangcollage zusammengeschnitten sind. In rhythmischer und tonaler Hinsicht prägend für das instrumentale Arrangement ist das Einstiegsriff von Bass und Gitarre. Es wird im Siebenviertel-Takt gespielt und bedient sich des Tonvorrats der Bluesskala. Die Nähe zum Blues offenbart sich ebenso auf formaler und harmonischer Ebene. So sind die vokalen Abschnitte in einem zwölftaktigen Bluesschema organisiert – ohne die charakteristische Pendelbewegung zwischen erster und vierter Stufe, aber mit der Abwärtsbewegung von der fünften auf die vierte Stufe, während das Saxophon-Solo auf einem achtzehntaktiges Bluesschema aufbaut (mit Pendelharmonik und Abwärtsbewegung) und die Gitarrensoli wiederum auf einer Verdopplung des zwölftaktigen Standard-Schemas gründen (ebenso mit Pendelharmonik und Abwärtsbewegung). Ausgehend vom Bluesschema als Formteil, ergibt sich folgender Ablauf: A | A (Vokal-Abschnitte) | B (Saxophonsolo) | C | C’ | C” (Gitarrensoli) | A (Vokal-Abschnitt). Hinzu kommen das oben erwähnte Intro und ein Outro, das in den nachfolgenden Song “Us and Them” überleitet. In diesem wird die in leichtem Swing-Groove auslaufende Musik mit scheinbar alogischen Sprachaufnahmen kombiniert. Jene Aufnahmen gingen auf eine Idee von Roger Waters zurück. So sollten im Verlauf der Albumproduktion Personen aus dem Umfeld der Band spontane Antworten auf vorgefertigte Fragen geben, die sich auf Aspekte des alltäglichen Lebens bezogen. Die Antworten wurden aufgenommen und an verschiedenen Stellen in das Album eingefügt, wodurch nicht zuletzt das konzeptionelle Anliegen der Band untermauert wurde, grundlegende Fragen der menschlichen Existenz in künstlerischer Weise zu reflektieren.

In musikalisch-tonaler Hinsicht auffallend ist die metrische Ordnung. Wie oben erwähnt, basiert das prägnante Einstiegsriff von Bass und Gitarre auf einem Siebenviertel-Takt, einer für Pop- und Rocksongs eher unüblichen Taktart. Insgesamt bauen die Vokal-Abschnitte sowie das Saxophonsolo auf diesem metrischem Gefüge auf – dem gegenüber werden die Gitarrensoli in der Mitte des Stücks im Vierviertel-Takt gespielt. Ein interessantes Merkmal von MONEY ist die rhythmische Verarbeitung des Bass- und Gitarrenriffs innerhalb des zwölftaktigen Bluesschemas. In den Takten zwei und drei kommt es jeweils zu Verschiebungen zwischen den schweren und leichten Zählzeiten, die eine alternative Wahrnehmung der betreffenden Passagen in der Anordnung 6/4 | 4/4 | 4/4 zulassen. Eine Schlüsselstelle in rhythmischer Hinsicht ist ebenso der Übergang ins Vierer-Metrum. Nach dem Abstieg von der fünften in die vierte Stufe werden zwei “Brücken”-Takte im Vierer-Metrum eingebaut, in dem das ternäre Swing-Feeling, welches sich bis zu diesem Punkt vor allem in den synkopischen und punktierten Spielmustern der Rhythmusgitarre und des E-Pianos manifestierte, kurzzeitig in eine energische Ton- bzw. Akkordwiederholung in Achteltriolen transformiert wird. Die Folge hiervon ist, dass das bis dahin tonangebende Siebenviertel-Gefüge in den Hintergrund tritt und eine neue metrische Ordnung etabliert werden kann. Am eindrücklichsten schlägt sich der Wechsel ins Vierer-Metrum am Bassspiel nieder. Während sich der Basslauf im “alten” Metrum in einer Vielzahl von Sprüngen konstituiert, liegt im “neuen” Metrum eine Walking-Bass-Struktur mit mannigfachen Ganz- und Halbtonschritten vor.

Auf sprachlicher Ebene wird die Ambivalenz im gesellschaftlichen Umgang mit Geld reflektiert. Entscheidend für die Wirkung des Gesangsparts ist dessen Ausrufscharakter (“Money, get away!”, “Money, it’s a crime!”). In anklagend-ironischem Grundton werden über die Ich-Perspektive stereotypische Sprachwendungen zum Thema Geld (“New car, caviar, four star daydream”, “First class traveling set”) und Informalität suggerierende Floskeln (“I’m all right Jack, keep your hands oof of my stack”, “Don’t give me that do goody good bullshit”) aneinandergereiht. In finaler Wendung wird in gesellschaftkritischer Manier sinniert: “Money, so they say, is the root of all evil today. But if you ask for a rise, it’s no surprise that they’re giving none away”. Der Ich-Erzähler scheint somit weniger von Gefühlen des Aufbegehrens gegen die bestehenden Verhältnisse geleitet, denn von einer abgeklärt-pessimistischen Grundhaltung.

IV. Rezeption

MONEY zählt zu den wenigen als Single ausgekoppelten Songs der Band Pink Floyd. Ähnlich wie andere Rockbands ihrer Zeit (etwa The Who oder Led Zeppelin) mied die Band aufgrund künstlerischer Erwägungen das Kurzformat Single. So entsprach das Großformat Album in höherem Maße dem eigenen Bedürfnis, Rockmusik mit künstlerischem Anspruch produzieren zu wollen. Nichtsdestotrotz werden mit dem Namen Pink Floyd noch heute weitere herausragende Songs wie beispielsweise “Another Brick in the Wall“, “Wish You Were Here” oder “Shine on You Crazy Diamond” verbunden. Die anhaltende Popularität von Song und Album drückt sich u.a. in Form von Platzierungen in listenförmigen Pop-Kanonisierungen wie den “The 100 Greatest Guitar Songs of All Time” (Rolling Stone, Platz 69) oder den “500 Greatest Albums of All Time” (Rolling Stone, Platz 43) aus. Offizielle Konzertmitschnitte des Songs sind auf den Live-Alben The Delicate Sound of Thunder (1988) und Pulse (1995) enthalten. Die Band spielte ihn außerdem während ihres vielbeachteten Reunion-Auftritts im Jahr 2005 im Rahmen des Live 8-Konzerts in London.

CHRISTOFER JOST


Credits

E-Bass: Roger Waters
Gesang, E-Gitarre: David Gilmour
E-Piano (Wurlitzer): Richard Wright
Schlagzeug: Nick Mason
Tenorsaxophon: Dick Parry
Autor: Roger Waters
Produzent: Pink Floyd
Label: Harvest
Aufnahme: Juni 1972 bis Januar 1973
Spieldauer: 6:22 (Album Version)
3:59 (Single Version)

Recordings

  • Pink Floyd. Money, 1973, Harvest, 3609, USA (Vinyl/Single).
  • Pink Floyd. “Money”. On: The Dark Side Of The Moon, 1973, Harvest, SHVL 804, UK (Vinyl/Album).
  • Pink Floyd. “Money”. On: Delicate Sound Of Thunder, 1988, CBS, C2K 44484, USA (CD/Album).
  • Pink Floyd. “Money”. On: Pulse, 1995, CBS, C2K 67065, USA (CD/Album).
  • Pink Floyd. “Shine On You Crazy Diamond”/ “Wish You Were Here”. On: Wish You Were Here, 1975, Harvest, SHVL 814, UK (LP/Album).
  • Pink Floyd. “Another Brick In The Wall”. On: The Wall, 1979, Harvest, SHDW 411, UK (2xLP/Album).
  • Various. Zabriskie Point (Original Motion Picture Soundtrack), 1970, MGM Records, 231500252, UK (LP/Comp.).
  • The Beatles. Abbey Road, 1969, Apple Records, PCS 7088, UK (LP/Album).
  • Pink Floyd: Live At Pompeii. Regie: Adrian Maben. Universal Pictures, 2003 (1971) (DVD).

References

  • Mabbett, Andy: Pink Floyd: The Music and the Mystery. London: Omnibus Press 2010.
  • Rolling Stone (Ed.): Rolling Stone’s 500 Greatest Albums of All Time. London: Turnaround 32006.
  • “100 Greatest Guitar Songs of All Time”. In: Rolling Stone 1054 (2008).

Links

Band homepage: http://www.pinkfloyd.com/ [15.01.2013].

About the Author

PD Dr. Christofer Jost is research associate at the Zentrum für Populäre Kultur und Musik, University of Freiburg, and teaches media studies at the University of Basel.
All contributions by Christofer Jost

Citation

Christofer Jost: “Money (Pink Floyd)”. In: Songlexikon. Encyclopedia of Songs. Ed. by Michael Fischer, Fernand Hörner and Christofer Jost, http://www.songlexikon.de/songs/money, 08/2012 [revised 10/2013].

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