1962
Conny

Lady Sunshine & Mister Moon

Der Schlager LADY SUNSHINE & MISTER MOON stellt eines der vielen international erfolgreichen Produkte aus der “Hitschmiede” von Heinz Gietz und Hans Bradtke dar.

 

I. Entstehungsgeschichte

Auf den deutschen Markt kam die von Columbia vertriebene Vinylsingle LADY SUNSHINE & MISTER MOON im Juli 1962 mit der B-Seite “Alle jungen Mädchen haben das gerne”. Auf der A-Seite singt Cornelia “Conny” Froboess begleitet von einem Orchester den von Heinz Gietz und Hans Bradtke komponierten und getexteten Schlager. Gietz und Bradtke waren zum Zeitpunkt der Veröffentlichung in der Schlagerbranche ein eingespieltes Duo, das mit Interpreten wie Peter Alexander oder Bill Ramsey bereits zahlreiche Hitlistennotierungen verzeichnen konnte. Der von einem Orchester und einem Chor begleitete Schlager auf der Rückseite hingegen wurde von Kurt Schwabach und Geo Sander (Pseudonym: Willi Astroth) –  zwei weniger bedeutende Akteure in der damaligen Musikbranche – geschrieben und komponiert.

In der Familie Froboess hatte die Musik stets einen hohen Stellenwert, nicht zuletzt weil das Familienoberhaupt Gerhard Froboess in der Musikbranche tätig war. Neben seiner beruflichen Arbeit als Komponist schrieb er auch für seine Tochter kleinere Melodien. Das Lied “Pack die Badehose ein”, mit dem Conny auf bundesdeutschem Gebiet zu Bekanntheit kam, zählt zu diesen Liedern. Hans Bradtke hatte den Vater kurz zuvor noch gebeten, einmal etwas für die kleine Cornelia schreiben zu dürfen. Kaum geschehen, tourte sie mit diesem und anderen Titeln durch die ganze Bundesrepublik. In den 1950ern entwickelte sie sich dann vom Kinderstar zunehmend zu einem Teenageridol und trug so –  ähnlich wie auch Gitte – beträchtlich zum Familienunterhalt bei. Sie und Peter Kraus galten als das “ideale Schlagerpaar” (Anonym 1958: 66), das durch einige Lieder und Filme bekannt geworden war. Connys Popularität wuchs noch weiter und so konnte man schon bald nach ihr benannte Kleidungsstücke im Handel erwerben.  Mit “Zwei kleine Italiener” gelang ihr dann im Jahr 1962 ihr erster und einziger Nummer-1-Hit in Deutschland. Bis 1962 galt der Triumph bei den Schlagerfestspielen in Baden-Baden noch als Qualifikation für den Grand Prix d’Eurovision. Conny gewann die Festspiele und fuhr so nach Luxembourg zum internationalen Liederwettstreit, konnte jedoch nur eine Platzierung auf den mittleren Rängen erreichen.

 

II. Kontext

In einer Umfrage des in den frühen 1960er Jahren populären Frauenmagazins Constanze sollte ermittelt werden, welche Wörter für die Leserinnen die schönsten seien. Neben “Heimat” erfreute sich vor allem “Liebe” großer Beliebtheit (vgl. Kraushaar 1983: 44). Es verwundert also nicht, wie Dietrich Kayser herausarbeitete, dass Liebe nicht nur ein zentrales Motiv, sondern auch zahlenmäßig eines der meistverwendeten Wörter im Schlager ist.  Ähnliches gilt – wenn auch quantitativ nicht in einem solchen Ausmaß – für den Begriff Heimat (vgl. Kayser 1975: 151 f.). Beide Worte sind symptomatisch für Befindlichkeiten und Wertschätzungen dieser Zeit, so erklärt sich auch die Anzahl an Filmen und Schlagern mit entsprechender Einfärbung. Zwei erfahrenen Musikschaffenden wie Bradtke und Gietz, deren Beiträge zur deutschen Schlagerlandschaft dieser Zeit nicht nur quantitativ beachtlich waren, dürfte die Präferenz der Hörer*innen für Heimat- und Liebesthematiken wohl kaum entgangen sein. Dabei lässt sich nicht leugnen, dass Liebesmotive in der Musik von zeitlosem Charakter sind. Darin begründet liegt wohl auch deren Erfolg, da im gefühlsbeladenen Schlager nur “eine Reihe von Metaphern oder vielmehr Klischees, einige ‘Gefühlsschablonen’, die weit genug sind, um Besetzungen heterogenster Art zu erfahren” (Mahal 1975: 72), vorkamen, die die Hörenden individuell auf ihre Bedürfnisse anpassen konnte.

Maßgeblich von solchen Liebesphantasien beeinflusst ist auch die Beziehung zwischen Schlagersänger*innen und ihren Rezipient*innen. Durch aufwendiges Image-Design versuchte man auf der Produzentenseite die Stars als Personen einfacher Herkunft zu inszenieren, die sich ihren Ruhm eigenständig erarbeitet haben. Damit sollte die Illusion vom Star als “Mädchen von nebenan” inklusive “optimale[r] Heiratskandidaten” (Mahal 1975: 68) für die Hörer*innen aufrechterhalten werden . Ähnliches fand auch bei Conny statt, die als adrette Teenagerin und mäßigender Gegenpol zu Peter Kraus in Erscheinung trat und, nach Ansicht ihres Vaters und Managers, durch ihre Musik nicht selbst zum bloßen Lustobjekt verkommen sollte (vgl. Poiger 1996: 610). Bei der Produktion der Schlager wurden so auch gezielt textlich Du-Ich-Konstellationen geschaffen, die die Sänger*innen scheinbar in direkten Kontakt mit den Hörer*innen bringen. In Liedern, die gleichsam nur an die einzelnen Hörer*innen adressiert waren, wurde die Bindung des Fans an sein Idol weiter gefestigt. Dabei wurde der Wunschtraum vom Glück mit dem verehrten Idol, der Züge einer märchenhaften Erzählung trägt, aufrechterhalten (vgl. Mahal 1975: 69 f.; 75).

 

III. Analyse

LADY SUNSHINE & MISTER MOON kann, was seine Komposition betrifft, als durchaus typischer Schlager angesehen werden: Es wird vorrangig auf einfache Akkordfolgen zurückgegriffen und auch bei der Melodik bestehen kaum Differenzen im Vergleich zu anderen Schlagern dieser Zeit. Auch wurde der ‘klassische’ Steigerungseffekt durch Modulation um einen Halbtonschritt (nach oben) verwendet Das Lied ist ferner im 4/4-Takt gehalten und hat über seine Länge von 02:20 Minuten ein Tempo von rund 95 bpm. Der das Lied dominierende Gesang wird im Hintergrund von einem Bass, einem mit Besen bespielten Schlagzeug, mehreren Gitarren, deren Spiel beinahe schon an das von Hackbrettern erinnert, und Bläsern begleitet, die mit knarzigen Einwürfen den Song auflockern.

Mit dem Refrain eröffnet Conny den Schlager und thematisiert dabei gleich das große Dilemma. Wie ein leises Säuseln klingt dabei der Chor, der hier den Text synchron zu Conny vorträgt. Die beiden personifizierten Himmelskörper “Lady Sunshine” und “Mister Moon” sind unendlich ineinander verliebt, durch ihre Gegensätzlichkeit, nämlich die von Tag und Nacht (“wenn er aufsteht, dann geht sie schlafen”), bleibt ihnen die Möglichkeit sich zu treffen jedoch verwehrt. So bleibt auch der Traum der beiden vom gemeinsamen Glück ein “Märchen”, denn “ein Pärchen werden sie nie” – eben aufgrund ihres vorbestimmten Schicksals. Dabei wird das Märchenhafte als Formel für das Sehnen nach dem Wunderbaren und Traumhaften verwendet.

Von der Tragik des Schicksals der beiden lenkt Conny in der Bridge ab. An einen imaginären Partner richtet sie die Worte: “Da sind wir beide besser dran, viel besser dran, weil mich dein Mund, so oft ich will, am Tage küssen kann”. Dabei wird der Gegensatz zum tristen Dasein “da oben” und den beiden Sänger*innen “hier unten” aufgezeigt. Oben ist dabei das im Kontext von viel Kummer stehende Traumhafte, während sich das wahre Glück unten, im tatsächlich stattfindenden Leben, abspielt. Dort können sich die beiden so oft sie wollen einander versichern: “Mein Schatz, ich liebe dich!” Auf der sprachlichen Ebene fällt auf, dass der Songschreiber eine dieser Ich-Du-Situationen geschaffen hat, in welcher der*die Adressat*in zwar direkt angesprochen, nicht jedoch genauer benannt wird. Durch diese ‘leere’ Gestalt wird den Hörer*innen die Möglichkeit gegeben, sich als Empfänger*innen des Gesungenen in die Songhandlung einzufügen und sich das Lied und die artikulierte Zuneigung für seine Projektionen individuell anzueignen. Die Komposition ist in der Strophe weniger monoton wie im Refrain. Grund hierfür sind zahlreiche Akkordwechsel und erweiterte Akkorde (vor allem mit kleiner Septime).

Das Stück endet mit dem Refrain, der um einen Halbton transponiert sowie textlich verändert wurde. Während zuvor ein resignativer Grundton vorherrschte, heißt es nun, die beiden Liebenden “würden gern was dagegen tun”. Mit dem Erklingen der abschließenden Vokalphrasen (“… können gar nichts dagegen tun / …ein Pärchen werden sie nie”) wird der Tatendrang von Lady Sunshine und Mr. Moon jedoch wieder verworfen. Damit wird ähnlich wie in der Strophe -wenn auch weniger explizit – das ausschließlich auf Hoffnung und Wunschträumen basierte Leben verworfen und stattdessen das bodenständige Leben umworben.

Was die visuelle Darstellungsebene betrifft, so ist auf der Hülle der Vinylsingle neben dem Titel nur ein Bild von Froboess abgedruckt, auf dem sie gerade gegen einen Barhocker gelehnt posiert. Durch eine solche Gestaltung erhoffte man sich sicherlich das Wiedererkennen des Interpreten durch den potentiellen Käufer, der diesen als Gütekriterium wahrnimmt. Das kommerzielle Potential des Idols und des Schlagers wurde auch durch die Einbindung in einen Film genutzt (vgl. Schulz 2012: 27 f., 78). In Mariandls Heimkehr (Regie: Werner Jacobs) weicht die Darbietung des Liedes etwas von der Originalversion ab. Peter Weck, im Film Connys Verlobter, spielt eine Pikkoloflöte, während er nachts mit ihr zusammen durch eine mondbeschienene Parkanlage um einen Brunnen herum spaziert. Zwar tauchen in der hier vorgetragenen Version Flöten auf, aber dabei handelt es sich klanglich vielmehr um Querflöten. Aus pragmatischer Sicht wurde Peter Weck die Pikkoloflöte wohl hauptsächlich darum in die Hand gedrückt, da sie sehr handlich ist und so schnell aus einer Jackettasche gezogen und dort wieder verstaut werden kann. Andererseits wirkt die Flöte ungewöhnlich und besonders, wodurch das Interesse auf ihn selbst gelenkt wird. Ihm fallen dabei auch einige von Connys Gesangspassagen zu. Anfangs ist er recht passiv – sein Beitrag zum einführenden Refrain ist auf das Säuseln von “Mister Moon” beschränkt –, in der Strophe führt er dann jedoch die Sätze von Conny zu Ende. Durch die zweistimmige Darbietung wird letztlich das Bild eines verliebten Paares untermauert.

 

IV. Rezeption

Zwar wurde LADY SUNSHINE & MISTER MOON kein Nummer-1-Hit, erreichte jedoch Platz 3 der deutschen Hitparade. Insgesamt war er 21 Wochen in den Charts vertreten, davon neun Wochen unter den besten zehn Titeln. Dies blieb seine höchste Notierung (vgl. Ehnert 1990: 79). Zudem wurde der Titel auf Platz 19 in den von der BRAVO herausgegebenen Jahrescharts des Jahres 1962 gelistet, die insgesamt 20 Lieder umfasste (vgl. Anonym 2010). Obwohl er nicht zu den erfolgreichsten Liedern des Jahres zählte, wurde er weitläufig rezipiert. So nahmen auch andere Interpret*innen, wie die Blue Diamonds oder das in der DDR aktive Gesangsduo Ruth und Evelyn, den Song in ihr Repertoire auf. Conny selbst veröffentlichte noch im selben Jahr eine englischsprachige Version des Liedes in Norwegen und in den Niederlanden. Reino Helismaa verfasste unter dem Pseudonym Orvokki Itä eine finnische Version, die unter anderem von der Grandprix d’Eurovision-Teilnehmerin des Jahres Marion Rung dargeboten wurde.

 

PATRICK POLLMER


Credits

Gesang: Conny Froboess
Songwriting & Text: Heinz Gietz, Hans Bradtke
Aufnahmejahr: 1962
Länge: 02:20 Minuten

Recordings

  • Conny. “Lady Sunshine und Mister Moon”. On: Lady Sunshine and Mister Moon/Alle jungen Mädchen haben das gerne, 1962, Columbia, C 22 018, Germany (7”/Single).
  • Conny Froboess. “Lady Sunshine and Mr. Moon”. On: Lady Sunshine and Mr. Moon/Alle jungen Mädchen haben das gerne, 1962, Columbia, DW 5947, Norway (Vinyl 7″/Single).
  • Conny. “Lady Sunshine and Mr. Moon”. On: Lady Sunshine and Mr. Moon/Alle jungen Mädchen haben das gerne, 1962, Master’s Voice, 7 MH 1066, Netherlands (Vinyl 7″/Single).
  • Conny. “Zwei kleine Italiener”. On: Zwei kleine Italiener/Hallo, Hallo, Hallo, 1962, Columbia, C 22 008, Germany (7”/Single).
  • Die kleine Cornelia & die Schöneberger Sängerknaben. “Pack die Badehose ein”. On: Pack die Badehose ein/Ich wünsch’ mir ein neues Kleidchen, 1951, Electrola, EG 7610, Germany (Shellac 10″).
  • Die Blue Diamonds. “Lady Sunshine und Mister Moon”. On: Lady Sunshine und Mister Moon/Angelina, laß das Weinen, 1962, Fontana, 266 356 TF, Germany (Vinyl 7″/Single).
  • Marion Rung. “Lady Sunshine Ja Mister Moon”. On: Lady Sunshine Ja Mister Moon/Ei Enää Milloinkaan, 1962, Philips 340 601 PF, Finland (Vinyl 7″/Single).
  • Ruth und Evelyn. “Lady Sunshine und Mister Moon”. On: Lady Sunshine und Mister Moon/Laß mich nicht weinen, 1962, AMIGA, 4 50 327, German Democratic Republic (Vinyl 7″/Single).

References

  • Anonym: “BRAVO Jahrescharts 1962”. In: BRAVO, o.J.. URL: https://www.bravo-archiv.de/auswahl.php?link=jahreshits62.php [01.06.2017].
  • Anonym: Conny & Peter. In: Der Spiegel 46 (1958), 66.
  • Ehnert, Günter: Hit Bilanz. Deutsche Chart Singles 1956–1980. Norderstedt: TaurusPress 1990.
  • Kayser, Dietrich: Schlager. Das Lied als Ware. Untersuchungen zu einer Kategorie der Illusionsindustrie. Stuttgart: Metzler 1975.
  • Kraushaar, Elmar: Rote Lippen. Die ganze Welt des deutschen Schlagers. Reinbek: Rowohlt 1983.
  • Mahal, Günther: Der Wundertraum vom Liebesglück. Vorläufiges zum deutschen Schlager nach 1945. In: Zeitschrift für Volkskunde 71 (1975), 64–78.
  • Mariandls Heimkehr. Regie: Werner Jacobs. Sascha-Film Produktions GmbH, 1962 (Film).
  • Poiger, Uta G.: Rock ‘n’ Roll, Female Sexuality, and the Cold War Battle over German Identities. In: The Journal of Modern History 68/3 (1996), 577-616.
  • Schulz, Daniela: Wenn die Musik spielt… Der deutsche Schlagerfilm der 1950er bis 1970er Jahre. Bielefeld: Transcript 2012.

About the Author

Analysis written in a course of Dr. Manuel Trummer at the Universität Regensburg.
All contributions by Patrick Pollmer

Citation

Patrick Pollmer: “Lady Sunshine & Mr. Moon (Conny)”. In: Songlexikon. Encyclopedia of Songs. Ed. by Michael Fischer, Fernand Hörner and Christofer Jost, http://www.songlexikon.de/songs/ladysunshineundmrmoon, 07/2021.

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