1956
Julie Andrews / Marni Nixon

I Could Have Danced All Night

Der Song I COULD HAVE DANCED ALL NIGHT stammt aus dem Musical My Fair Lady von Frederick Loewe und Alan J. Lerner, das 1956 am Mark Hellinger Theater in New York uraufgeführt wurde, mit Julie Andrews in der Rolle der Eliza Doolittle. Die Musicalverfilmung mit gleichnamigem Titel wurde 1964 produziert. Hier spielte Audrey Hepburn die Eliza Doolittle, die Songs indes wurden von Marni Nixon gesungen.

I. Entstehungsgeschichte

Das Musical basiert auf George Bernard Shaws Schauspiel Pygmalion. Die Idee für die Komödie entnahm er dem antiken Mythos von Pygmalion, einem sagenhaften König, der sich in eine von ihm selbst geschaffene Statue verliebte. Der Nobelpreisträger Shaw hatte das Werk Zeit seines Lebens nicht zur Vertonung freigegeben. 1938 drehte der Regisseur Gabriel Pascal den Film Pygmalion und gab auch die Idee, ein darauf basierendes Musical zu schreiben, nicht auf. Als Shaw verstorben war, konnte, nach langen Verhandlungen mit den Erben, das Projekt schließlich verwirklicht werden. Pascals Bemühungen, einen Komponisten für das Musical zu finden, blieben anfangs erfolglos. Librettist Alan J. Lerner und Komponist Frederick Loewe erklärten sich schließlich bereit und schrieben My Fair Lady. Nach der Produktion am Broadway wurde das Musical bald weltweit erfolgreich aufgeführt.

Bei der Entstehung der Verfilmung des Musicals standen Lerner und Loewe, neben dem Streit um die Bezugnahme auf Shaws Pygmalion, auch in Konkurrenz zur Filmgesellschaft MGM, welche ebenfalls eine Filmproduktion zu diesem Werk beabsichtigte. Sie entschieden sich daher für eine zielführende Vorgehensweise: “My boy, there’s only one thing to do. We will write the show without the rights, and when the time comes for them to decide who is to get them, we will be so far ahead of everyone else they will be forced to give them to us.” (Lerner 1978: 47).

II. Kontext

Das Musical erzählt die Geschichte von Eliza Doolittle, einem Blumenmädchen aus der Unterschicht, das vor den Hallen des Covent Garden Market in Cockney-Englisch versucht, den Opernbesuchern seine Veilchen zu verkaufen. Prof. Henry Higgins, ein britischer Phonetiker, wird auf das Mädchen aufmerksam und wettet mit einem befreundeten Sprachwissenschaftler, dass es ihm gelingen wird, Eliza in kürzester Zeit in eine feine Dame zu verwandeln. Er ist der festen Überzeugung, allein die Ausdrucksweise sei der Schlüssel zu gesellschaftlicher Anerkennung.

Im November 1955, als bereits die Auditions für Sänger und Tänzer begannen, fehlte den Autoren Loewe und Lerner noch ein zentraler Song für Eliza, der ihre unbewussten Gefühle für Higgins zum Ausdruck bringen sollte. Im Dezember kam Lerner schließlich der Einfall für Elizas Song. Die Musik zu I COULD HAVE DANCED ALL NIGHT komponierte Loewe dann innerhalb von 24 Stunden. Loewe nahm sich vor, die Textstelle “all at once my heart took flight” umzuschreiben, fand aber nie einen passenderen Ausdruck dafür.

I COULD HAVE DANCED ALL NIGHT bringt Eliza Doolittles Aufregung zum Ausdruck, die sie nach einem Tanz mit ihrem Lehrer verspürt. Endlich meistert sie die korrekte Aussprache der Worte “the rain in spain stays mainly in the plain”. Zwar ist ihre Sprachfärbung noch immer nicht gänzlich dem Standard English der höheren Schichten angeglichen – besonders erkennbar am sehr offenen Vokal “a” im Wort “danced” –, aber sie ist hoch motiviert und strebt neue Lernerfolge an.

III. Analyse

Der Song ist wie folgt aufgebaut: Orchestrale Einleitung, Einleitung durch die Sängerin, Refrain, Orchesterzwischenspiel, Choreinwürfe, Refrain mit Choreinwürfen, kurzes Solo der Haushälterin Mrs. Pierce, Refrain (erst piano, dann gesteigert), Abschluss des Songs durch das Orchester. Der Song steht in C-Dur im Alla-breve-Takt. Das Herzstück bildet der Refrain, welcher mehrmals angeführt und immer wieder durch Zwischenspiele und Einwürfe von Chor und Orchester angereichert wird. Die Harmonien des Refrains liegen im Wesentlichen in der I. und V. Stufe. Die Melodie der Gesangsstimme verläuft in aufsteigenden Akkorden mit anschließend absteigender Septim. Bei “I never know what made it so exciting” tritt eine Modulation in die Terzmediante E-Dur auf. Die Melodie verläuft sequenziert. Mit “I only know when he begun to dance with me” wird erneut C-Dur vorbereitet.

Das “I could have danced all night”-Motiv wird in der Ouvertüre vorweggenommen, im Entr’acte wieder aufgegriffen und, um den Zuhörern in Erinnerung zu bleiben, am Ende des Musicals noch einmal angeführt.

IV. Rezeption

Mit seinen 2717 Broadway-Vorstellungen war das Musical My Fair Lady rekordbrechend. Obwohl das Stück zur Zeit seiner Entstehung großer Konkurrenz durch parallel laufende Musicals wie beispielsweise West Side Story ausgesetzt war, wurde es zum absoluten Höhepunkt der Saison. Es wurde für zehn Tony-Awards nominiert, von denen es sechs gewann.

Schon bald nach seiner Entstehung erlebte das Musical außeramerikanische Produktionen. Die deutsche Produktion im Berliner Theater des Westens kam auf 757 Vorstellungen, die trotz des Baus der Berliner Mauer zahlreich besucht wurden, und erwies sich als wegweisend für die Wahrnehmung der Gattung Musical im deutschsprachigen Raum.

Die Verfilmung zum Musical mit Audrey Hepburn als Eliza Doolittle und Rex Harrison als Dr. Higgins wurde im Jahre 1964 unter der Regie von George Cukor veröffentlicht. Der Film wurde im Filmstudio, nicht an öffentlichen Schauplätzen gedreht, bedient sich jedoch detailgetreuer, der viktorianischen Epoche nachempfundener Kostüme und Szenerien. My Fair Lady wurde bei der Oscarverleihung 1965 zum “besten Film des Jahres” gekürt und gewann weitere sieben Awards (beste Regie, bester Hauptdarsteller, beste Kamera, bestes Szenenbild, bestes Kostümdesign, beste Filmmusik, bester Ton) und drei Golden Globes (bester Film, bester Hauptdarsteller, beste Regie).

 

ANNE RADAKOVICH und MAGDALENA GRIESNER


Credits

Vocals: Julie Andrews (Musical – 1956), Marni Nixon (Film – 1964)
Autoren: Alan J. Lerner, Frederick Loewe

Recordings

  • Julie Andrews, Philippa Bevans: “I Could Have Danced All Night”. On: Rex Harrison, Julie Andrews. My Fair Lady [Original Broadway Cast], 1956, Columbia Masterworks, OL 5090, US (Vinyl/Album).
  • Karin Huebner: “Ich hätt’ getanzt heut’ nacht”. On: Various: My Fair Lady [German Cast], 1962, Philips, 840 411 SY, Germany (Vinyl/Album).
  • Audrey Hepburn / Marni Nixon: “I Could Have Danced All Night”. On: My Fair Lady [Soundtrack], 1964, Columbia Masterworks, KOS 2600, US (Vinyl/Album).

Covers

  • Sylvia Syms. “I Could Have Danced All Night / The World in My Corner”, 1956, Decca, 9-29903, US (Vinyl/Single).
  • Dinah Shore. “I Could Have Danced All Night / What a Heavenly Night”, 1965, RCA Victor, 47-6469, US (Vinyl/Single).
  • Ben E. King. “I Could Have Danced All Night”, 1963, ATCO Records, 45-6275, US (Vinyl/Single).
  • Frank Sinatra. “I Could Have Danced All Night”. On: Come Dance With Me!, 1956, Capitol Records, W-1069, US (Vinyl/Album).

References

  • Brock, Alexander: Elizas Englisch – die Darstellung sozialer und regionaler Variation des Englischen in “Pygmalion” und “My Fair Lady”. In: My Fair Lady. Eine transdisziplinäre Einführung. Ed. by Sabine Coelsch-Foisner and Joachim Brügge. Heidelberg: Universitätsverlag Winter 2015, 115-138.
  • Brügge, Joachim: Formale und analytische Aspekte der Musik in My Fair Lady. In: My Fair Lady. Eine transdisziplinäre Einführung. Ed. by Sabine Coelsch-Foisner, Joachim Brügge. Heidelberg: Universitätsverlag Winter 2015, 139-174.
  • Coelsch-Foisner, Sabine/Brügge Joachim: My Fair Lady – eine transdisziplinäre Einführung. In: My Fair Lady. Eine transdisziplinäre Einführung. Ed. by Sabine Coelsch-Foisner, Joachim Brügge. Heidelberg: Universitätsverlag Winter 2015. vii-xi.
  • Coelsch-Foisner, Sabine. Pygmalion und My Fair Lady – Metamorphose als Prinzip des Anderswerdens: Von Ovids Epos über Shaws Salonsatire zu Lerner Loewes musikalischer Romance. In: My Fair Lady. Eine transdisziplinäre Einführung. Ed. by Sabine Coelsch-Foisner, Joachim Brügge. Heidelberg: Universitätsverlag Winter 2015, 63-88.
  • Green, Stanley (Ed.): Broadway Musicals, Show by Show. Milwaukee: Hal Leonard Corporation 1996.
  • Jaensch, Andreas: My Fair Lady – Prototyp und Höhepunkt des ‘Operetten-Musicals’. In: My Fair Lady. Eine transdisziplinäre Einführung. Ed. by Sabine Coelsch-Foisner, Joachim Brügge. Heidelberg: Universitätsverlag Winter 2015, 1-30.
  • Jansen, Wolfgang: My Fair Lady: Die deutsche Erstaufführung 1961 im Berliner “Theater des Westens” (= Kleine Schriften der Gesellschaft für unterhaltende Bühnenkunst), Bd.1, Berlin: Weidler Buchverlag 1996.
  • Lerner, Alan J: The Street Where I Live. The Story of My Fair Lady, Gigi and Camelot. Sevenoaks: Hodder and Stoughton 1980.
  • Linke, Gabriele: My Fair Lady – kulturgeschichtliche Transformationen. In: My Fair Lady. Eine transdisziplinäre Einführung. Ed. by Sabine Coelsch-Foisner, Joachim Brügge. Heidelberg: Universitätsverlag Winter 2015, 89-114.
  • Schubert, Gisela M.: “Sie schreiben Lyrics, nicht wahr?” – Szenen einer Partnerschaft: Lerner und Loewe und die Entstehung von My Fair Lady”. In: My Fair Lady. Eine transdisziplinäre Einführung. Ed. by Sabine Coelsch-Foisner, Joachim Brügge. Heidelberg: Universitätsverlag Winter 2015, 31-62.

Links

  • http://www.kultur-fibel.de/Kultur_Fibel,Musical,My_Fair_Lady.htm [17.12.2015].
  • https://de.wikipedia.org/wiki/My_Fair_Lady [17.12.2015].
  • https://de.wikipedia.org/wiki/My_Fair_Lady_(Film) [17.12.2015].
  • https://en.wikipedia.org/wiki/I_Could_Have_Danced_All_Night [15.12.2015].

About the Authors

Analysis written in a course of Prof. Dr. Nils Grosch at the University of Salzburg.
All contributions by Anne Radakovich
Analysis written in a course of Prof. Dr. Nils Grosch at the University of Salzburg.
All contributions by Magdalena Griesner

Citation

Anne Radakovich and Magdalena Griesner: “I Could Have Danced All Night (Julie Andrews / Marni Nixon)”. In: Songlexikon. Encyclopedia of Songs. Ed. by Michael Fischer, Fernand Hörner and Christofer Jost, http://www.songlexikon.de/songs/icouldhavedancedallnight, 04/2017.

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