1985
Slayer

Hell Awaits

1985 veröffentlicht, gehört der Song HELL AWAITS bis heute zum festen Repertoire bei Live-Auftritten der Gruppe Slayer. Die Musiker mit dem Ruf, die extremste und schnellste Thrash-Metal-Band zu sein, prägten mit ihren Alben das Genre entscheidend, insbesondere in den 1980er-Jahren.

 

I. Entstehungsgeschichte

Nachdem sich Slayer 1981 im südkalifornischen Huntington Park gegründet und mit Show No Mercy ihr erstes Studioalbum veröffentlicht und der Plattenfirma damit einen veritablen Erfolg beschert hatten, erschien 1985 unter Produzent Brian Slagel und seiner kleineren Plattenfirma Metal Blade Records ihr zweites Studioalbum Hell Awaits. Die Gründungsmitglieder von Slayer nahmen das Album von Mitte September bis Ende 1984 in den Eldorado Studios in Hollywood auf. Die Studioarbeit bzw. Produktionsweise gestaltete sich dabei professioneller als die bisherigen Aufnahmen, da Hell Awaits mit Unterstützung von Tontechnikern aufgenommen wurde. Mit dem Album entwickelte sich die Band sowohl auf technischer als auch auf musikalischer Ebene weiter. Schlagzeuger Dave Lombardo verwendete im Vergleich zu bisherigen Aufnahmen ein vergrößertes Drum-Set. Die hauptsächlichen Songwriter und Gitarristen Kerry King und Jeff Hanneman schrieben die Musik zu HELL AWAITS, King verfasste ebenfalls den Liedtext. Und Tom Araya sang nicht nur den Vokalpart ein, sondern fungierte auch als Bassist der Songaufnahme. Mit einer Spieldauer von 6 Minuten und 16 Sekunden gehört HELL AWAITS zu den vergleichsweise längeren Titeln von Slayer. Damit grenzen sie sich auch von der Normdauer für Rocksongs von drei bis fünf Minuten ab.

 

II. Kontext

Zu Beginn ihrer Karriere waren Slayer stark geprägt von der New Wave of British Heavy Metal, insbesondere durch die Bands Iron Maiden, Judas Priest und Venom. Während ihrer ersten Konzerte präsentierten sich Slayer mit umgedrehten Kreuzen, Leder, Nieten und schwarzem Make-up.

Neben dem Heavy Metal brachten die vier Musiker auch Einflüsse aus dem Hardcore Punk mit in ihre Spielweise ein. Aus komplexen, schnellen Gitarrenriffs und virtuosen Solos, kraftvollen Basslinien, schnellen Trommelschlägen und dem Doublebass-Schlagzeug entstand die stilistische Grundlage für das Genre Thrash Metal bzw. die zukünftig als typisch geltenden Merkmale wurden gleichsam vorweggenommen. Zeitgleich mit Slayer entwickelten sich weitere Gruppen in den USA, die sich dem Genre zuordnen lassen und als Mitbegründer gelten: Metallica, Megadeth und Anthrax – zusammen auch “Big Four” genannt.

Mit der Zeit wurden Slayer stärker von Black Metal Bands wie Mercyful Fate beeinflusst. Dies führte dazu, dass die Lieder auf Hell Awaits länger und experimenteller wurden.

 

III. Analyse

Die Illustration auf dem Cover zeigt eine Höllendarstellung und verweist damit auf den Inhalt der sieben Titel des Albums. Dieses beginnt mit dem gleichnamigen Lied HELL AWAITS. Der Anfang ist zurückhaltend, es sind wispernde, zischende und stöhnende Stimmen zu hören, während im Hintergrund leise eine E-Gitarre spielt. Der Ton schwillt an und entwickelt sich zu einem Geräusch- und Stimmen-Wirrwarr aus unverständlichem Wispern und Rufen. Was dort zu hören ist, ist eine rückwärts eingespielte Botschaft, die aus den Worten “Join us” und “Welcome back” besteht. Willkommen zurück in der Hölle – damit ist auf das Grundmotiv von HELL AWAITS verwiesen: Es geht um die ewige Verdammnis in der Hölle. Entsprechend können die Stimmen als verlorene Seelen gedeutet werden, die aus der Unterwelt rufen, oder als Dämonen, die zu den Lebenden sprechen.

Nach dem gut einminütigen Intro beginnt der laute, “thrashige” Teil des Liedes. Das Schlagzeug und der Bass setzen ein. Das Gitarrenspiel wird instrumental anspruchsvoller, aggressiver und schneller. King und Hanneman agieren mit verzerrten Klangfarben ihrer E-Gitarren und spielen im tieferen Frequenzbereich. Daneben gibt es einen galoppartigen Bass, der sich aus rhythmischen Figuren bestehend aus Achtel- und zwei Sechzehntelnoten zusammensetzt. Nach exakt drei Minuten Spieldauer gibt es ein kurzes Break, danach setzen die Gitarren und auch das Schlagzeug in schnellerem Tempo ein. Der Bassist pausiert kurze Zeit und beginnt dann wieder zu spielen. Über zwei Minuten und 15 Sekunden lang sind nur die Bandinstrumente zu hören, erst dann setzt der Gesang ein. Dieser ist derart schnell, dass der Songtext kaum verständlich ist. So kann man den Eindruck gewinnen, dass selbst Sänger Tom Araya bei der Aufnahme Probleme hatte, gesanglich mit dem Tempo der Instrumente mitzuhalten.

Die Strophen sind jeweils vier Zeilen lang, reimen sich aber nur teilweise. Verwendet werden dabei Anspielungen auf Legenden, auf Mythologie und den (christlichen) Glauben. Inhaltlich geht es um das Leben nach dem Tod. Doch wird der im Lied angesprochenen Person kein himmlisches Dasein in der Gegenwart Gottes und der Engel versprochen. Vielmehr erwartet sie der Sensenmann, der sie zu den Höllentoren führt, wo die Seele ewig im Feuer des Hades leiden wird. Hier könnte man geradezu von lyrischer Gewalt sprechen. Der Refrain wird zweimal wiederholt: “The gates of hell lie waiting as you see / There’s no price to pay just follow me / I can take your lost soul from the grave / Jesus knows your soul cannot be saved”. Aus der Ich-Perspektive wird – durchaus typisch für Pop- und Rock-Lyrics – ein fiktives Gegenüber (“Du”) angesprochen. Die Tore zur Hölle stehen offen und das lyrische Ich möchte sein Gegenüber dazu verführen, ihm dorthin zu folgen, da seine verlorene Seele nicht mehr zu retten sei. Die titelgebenden Worte “Hell awaits” sind einmal in der Mitte des Liedes und einmal am Ende in düsterer, verzerrter Stimme zu hören. Ansonsten brüllt Tom Araya mit angerauter Stimme den Text in das Mikrofon.

Nach mehr als der Hälfte des Liedes kann Jeff Hanneman seine Virtuosität an der Gitarre mit einem Solo unter Beweis stellen. Da beide Gitarristen gleichberechtigt sind, kann Kerry King dies mit einem eigenen Solo ausgleichen, womit HELL AWAITS dann auch endet.

 

IV. Rezeption

Auch wenn das Album Hell Awaits keine Chartplatzierung erreichte, handelt es sich um eine rockhistorisch einflussreiche und richtungsweisende Plattenproduktion, die sowohl von Fans als auch von Kritikern positiv aufgenommen wurde. Im Rolling Stone Album Guide wurde es mit vier von fünf Sternen bewertet. Götz Kühnemund beschrieb es in der Zeitschrift Rock Hard als “das bisher tödlichste Vinyl dieses Erdballs” und vergab neun von zehn Punkten.

Kerry King und Jeff Hanneman wurden beide in den Kreis der “Legends of Rock Guitar” aufgenommen. Mit HELL AWAITS entwickelten die Bandmitglieder nicht nur ihre musikalischen Fähigkeiten weiter, sondern ebneten den Weg für eine Ausdifferenzierung des Genres Heavy Metal. In puncto Rohheit, Chaos, Virtuosität und Schnelligkeit setzten sie neue Standards und inspirierten andere Musiker nachhaltig.

 

LISA SCHOLZ


Credits

Gesang und Bass: Tom Araya
Gitarre: Kerry King
Gitarre: Jeff Hanneman
Schlagzeug: Dave Lombardo
Text: Kerry King
Musik: Jeff Hanneman, Kerry King
Produzenten: Slayer, Brian Slagel
Label: Metal Blade
Studio: Eldorado Studios, Hollywood, USA
Aufnahme: 15. September bis Ende 1984
Veröffentlichung: März 1985
Länge: 6:16 Min.

Recordings

  • Slayer. “Hell Awaits”. On: Hell Awaits, 1985, Metal Blade Records, MX 8020/MBR 1040, US (Vinyl/Album).
  • Slayer. “Hell Awaits”. On: Hell Awaits, 1985, Combat 88561-8020-2, US (CD/Album).
  • Slayer. Show No Mercy, 1983, Metal Blade Records, MBR 1013, US (Vinyl/Album).

References

  • Bennet, J.: “An Exclusive Oral History of Slayer”. In: Decibel Magazine 22 (2006). URL: https://web.archive.org/web/20070318044743/http://www.decibelmagazine.com/features_detail.aspx?id=4566 [22.01.2016].
  • Elflein, Dietmar: Schwermetallanalysen. Die Musikalische Sprache des Heavy Metal. Bielefeld: Transcript 2010.
  • Kühnemund, Götz: “Hell Awaits” (Review). In: Rock Hard 11 (1985). URL: http://www.rockhard.de/megazine/reviewarchiv/review-anzeigen.html?tx_rxsearch_pi1[review]=7633 [22.01.2016].
  • Moore, Alan: Sells Like Teen Spirit. Music, Youth Culture, and Social Crisis. New York: New York University Press 2009.

About the Author

Analysis written in a course of Prof. Dr. Thomas Krettenauer at the University of Paderborn.
All contributions by Lisa Scholz

Citation

Lisa Scholz: “Hell Awaits (Slayer)”. In: Songlexikon. Encyclopedia of Songs. Ed. by Michael Fischer, Fernand Hörner and Christofer Jost, http://www.songlexikon.de/songs/hellawaits, 12/2020.

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