1988
N.W.A

Fuck tha Police

FUCK THA POLICE ist ein Song der legendären Gangsta-Rap-Formation N.W.A. und handelt von Polizeigewalt und Racial Profiling. Er ebnete den Weg zum Sub-Genre Gangsta-Rap und beeinflusste die Klangwelten der Popmusik bis ins 21. Jahrhundert.

 

I. Entstehungsgeschichte

FUCK THA POLICE wurde 1988 auf dem zweiten Album von N.W.A. (N* wit Attitudes oder auch No Whites Allowed), Straight Outta Compton, veröffentlicht. 1987 gründete der in Compton, einem Vorort von Los Angeles, lebende Eric “Eazy-E” Whright zusammen mit Jerry Heller, einem Musikmanager, das Label Ruhtless Records und holte O’Shea “Ice Cube” Jackson, Andre “Dr. Dre” Young, Kim “Arabian Prince” Nazel, Antoine “Dj Yella” Carraby und Lorenzo “MC Ren” Patterson dazu. Eazy-E ging zusammen mit Jerry Heller einen Deal mit Priority Record ein, um die musikalischen Erzeugnisse von Ruthless Records zu vertreiben (McCoy 2022: 176). Diese Konstellation von Personen stellte die Weichen für das Hip-Hop-Subgenre Gangsta-Rap und den West-Coast-Rap. In den Texten von N.W.A. geht es überwiegend um Drogenhandel und Gewalt gegenüber feindlichen gesinnten Gruppen. Gleichwohl schuf die Darstellung der durch Rassismus, Polizeigewalt und sozioökonomische Ungleichheit bestimmten Lebensumstände bzw. Missstände einen Raum der Selbstermächtigung und ist in kultureller Hinsicht nicht mehr wegzudenken. N.W.A. kritisiert, dass in “ihrer Welt” jeder Schwarze Teenager verdächtigt werde, mit Drogen zu handeln (Schreiber 2020: 197).

 

II. Kontext

Die Verbreitung der Droge Crack in den 1980er Jahren in den USA und soziale Ungerechtigkeiten aufgrund des staatlichen Vorgehens gegen den Drogenhandel, brachten Hip-Hop-Künstler wie Public Enemy oder Tupac Shakur dazu, mit ihren Texten gegen die Umstände anzukämpfen. Speziell in Kalifornien zog die Kritik am Handeln der Polizei durch N.W.A. große Aufmerksamkeit nach sich (Mills/Miller 2023).

Der LAPD-Chef Daryl Gates (LAPD steht für Los Angeles Police Department) führte in Zusammenarbeit mit anderen Institutionen in den späten 1980er Jahren Anti-Gang-Maßnahmen durch. Das Bild des kriminellen, drogendealenden männlichen Afro-Amerikaners wurde seinerzeit verstärkt durch Film- und Fernsehproduktionen in verwahrlosten Stadtkulissen. Maxime Waters, eine damalige Stadträtin von Los Angeles warf Gates vor, er hätte es Schwarzen Bürger:innen erschwert, nach Hilfe zu rufen, ohne willkürliche Polizeigewalt fürchten zu müssen. FUCK THA POLICE basiert auf der Frustration und Hilflosigkeit gegenüber der Polizei (vgl. Viator 2020). Der rechtliche Schutz, den Polizeibeamte bei Strafverfolgungen und Verdachtsannahmen seinerzeit genossen, verengte die Handlungsräume afroamerikanischer Bürger:innen. So macht FUCK THA POLICE ebenfalls darauf aufmerksam, dass Schwarze keine Möglichkeiten hätten, sich bei Schikane und Missbrauch durch die Polizei zu wehren. Gleiche Ansichten verfolgte die Black Panther Party, die vor allem in den 1960er und 1970er Jahren gegen Rassismus und für Gleichberechtigung eintrat (McCoy 2022).

 

III. Analyse

Klanglich greift FUCK THA POLICE auf Samples von “Bring The Noise” von Public Enemy (1987), die, wie in vielen Hip-Hop-Tracks, im Loop gespielt, d.h. wiederholt werden. Das Intro wird eingeleitet von Dr. Dre und Turn-Table-Scratching. Der Text, geschrieben von ICE Cube und McRen, lässt eine klare Haltung gegenüber dem Machtmissbrauch der Polizei erkennen. Dr. Dre leitet den Song ein und stellt jeden Rapper vor. Anschließend übernimmt Ice Cube mit “Fuck tha police comin’ straight from the underground” den ersten Part vor dem Refrain. Der Chorus besteht aus drei Wörtern “Fuck tha Police” und wird wiederholt und mit Scratching begleitet.

Ice Cube zufolge sei der Text inspiriert von Rachevorstellungen, ausgelöst durch missbräuchliches Handeln der Polizei. Situationen wie die Verletzung der Privatsphäre (“Search a n* down and grabbin’ his nuts”) oder Racial Profiling (“Searchin’ my car, lookin’ for the product / Thinkin’ every n* is sellin’ narcotics”) werden in FUCK THA POLICE thematisiert (Viator 2020: 302).

Zu Beginn des zugehörigen Musikvideos sind alle Mitglieder von N.W.A. zu sehen. Das Setting hat eine dunkle Beleuchtung, zwischendurch werden Spotlights eingesetzt, die Scheinwerfern oder Handlampen der Polizei ähneln. Letztere wird im weiteren Verlauf durch einen Polizeiwagen visuell in die Erzählwelt eingeführt. Ferner sind Waffen, Gitterstäbe, tiefgelegte Autos mit Hydraulik sowie Turntables zu sehen, die symbolträchtige Gestaltungsmittel sind und in Gangsta-Rap-Musikvideos in gewisser Regelmäßigkeit Verwendung finden. Weitere Darstellungselemente sind das grüne Visier eines Scharfschützengewehrs, Gangs auf den Straßen sowie ein Straßenschild auf dem „Compton“ steht. Am Ende des Musikvideos werden Standbilder eingeblendet, auf denen Opfer von Polizeigewalt zu sehen sind.

 

IV. Rezeption

In den 500 Greatest Songs of All Time, herausgegeben durch den Rolling Stone, steht FUCK THA POLICE auf Platz 190 (Rolling Stone 2024). Dessen ungeachtet war der Song zum Zeitpunkt seiner Veröffentlichung hochumstritten. Die Band wurde mit  Auftrittsverboten in einigen Bundesstaaten belegt. Dennoch wurde das Album über drei Millionen Mal verkauft. Die Geschichte von N.W.A. wird einem breiteren Publikum 2015 durch den Film Straight Outta Comptonzugänglicher gemacht. In dem Drama sind nur wenige Inhalte fiktional. Überwiegend beruht der Inhalt auf wahren Ereignissen. Von der deutschen Film- und Medienbewertung erhielt der Film die Einschätzung „besonders wertvoll“.

Neben “Fight The Power” von Public Enemy, “This Is America” von Childish Gambino und “Alright” von Kendrick Lamar, wurde FUCK THA POLICE ein erneutes öffentliches Interesse im Zuge der Black Lives Matter-Bewegung zuteil, die nach dem Tod des 17-jährigen Schülers Trayvon Martin 2012 in Florida entstand, der in vermeintlicher Notwehr durch einen Wachmann erschossen wurde; letzterer wurde im Verlauf eines Gerichtsprozesses freigesprochen. Als George Floyd während einer Festnahme in Minnesota 2020 durch die Gewalteinwirkung eines Polizeibeamten verstarb, stieg die Streaming-Rate des Songs um 272 Prozent (ME-Redaktion 2020).

 

LISA SCHMID


Credits

Rap: Eazy-E, McRen, Dr. Dre, Ice Cube, Arabian Prince & DJ Yella
Text: Mc Ren, Ice Cube and The D.O.C.
Produzent: Dr. Dre & DJ Yella
Label: Priority & Ruthless
Aufnahme: 1988
Veröffentlichung: 9. August 1988
Länge: 5:43 (Albumversion)

Recordings

  • N.W.A. ”Fuck tha Police”. On: Straight Outta Compton, 1988, Ruthless Records, BRLP 534, UK (Vinyl/LP).
  • N.W.A. ”Fuck tha Police”. On: Greatest Hits, 1996, Priority Records, US (CD/Compilation).
  • N.W.A. ”Fuck tha Police”. On: Straight Outta Compton (20th Anniversary Edition), 2007, Priority Records, 509995, Europe (CD/Album, Reissue).

Covers

  • Bone Thugs-N-Harmony: “Fuck tha Police”. On: Various: In Tha BeginningThere Was Rap, 1997, Priority Records, P2 50639, US (CD/Compilation).
  • Dope: “Fuck tha Police”. On: American Apathy, 2013, The Store For Music, SFMVC1217, Europe (Vinyl/LP).
  • Jim Sharp: “Fuck tha Police”, 2020, Not on Label, JD620, UK (7’’).

References

  • Harvey, Eric: Who Got the Camera?: A History of Rap and Reality. Austin: University of Texas Press 2021.
  • McCoy, Austin: NWA – “F- tha Police” (1980). In: One-Track Mind: Capitalism, Technology, and the Art of the Pop So Ed. by Asif Siddiqi. Routledge, 2022, 172–189.
  • ME-Redaktion: Proteste in den USA: N.W.As „Fuck Tha Police” erlebt Stream-Anstieg von 272 Prozent. In: Musikexpress, 04.06.2020, https://www.musikexpress.de/proteste-in-den-usa-nwas-fuck-tha-police-erlebt-stream-anstieg-von-272-prozent-1563873/ [12.05.2025].
  • Mills, John T./Miller, DeMond S.: Contributions of African American Anthems for Social Justice and Equity. In: Black Popular Culture and Social Justice. Beyond the Culture. Ed. by Lakeyta M. Bonnette-Bailey and Jonathan I. Gayles. Abingdon: Routledge 2023, 67–82.
  • Rolling Stone: The 500 Greatest Songs of All Time, 16.02.2024, https://www.rollingstone.com/music/music-lists/best-songs-of-all-time-1224767/n-w-a-fuck-tha-police-5-1225148/ [12.05.2025].
  • Schreiber, Brad: Music Is Power: Popular Songs, Social Justice, and the Will to Change. Ithaca: Rutgers University Press 2024, 159–204.
  • Viator, Felicia Angeja: Not Only Compton. Gangster Rap, Policing, and Protest. In: The Routledge History of Police Brutality in America. Ed. by Thomas Aiello. Abingdon: Routledge 2023, 301–313.
  • Viator, Felicia Angeja: To Live and Defy in LA: How Gangsta Rap Changed America, Cambridge, MA: Harvard University Press 2020.

Films

  • Straight Outta Compton. F. Gary Gray (Director); Jonathan Herman, Andrea Berloff (Screenplay). New Line Cinema 2015.

About the Author

Analysis written in a course of Prof. Dr. Fernand Hörner at the University of Applied Sciences Düsseldorf.
All contributions by Lisa Schmid

Citation

Lisa Schmid: “Fuck tha Police (N.W.A.)”. Songlexikon. Encyclopedia of Songs. Ed. by Michael Fischer, Fernand Hörner and Christofer Jost, http://www.songlexikon.de/songs/fuck-tha-police, 05/2025.

Print