1965
Country Joe Mc Donald

I-Feel-Like-I’m-Fixin’-To-Die-Rag / Fish Cheer

Das legendäre Woodstock Festival im Jahr 1969 und dessen filmische Dokumentation machten den I-FEEL-LIKE-I’M-FIXIN’-TO-DIE RAG von Country Joe McDonald zu einem prominenten Protestsong gegen den Vietnamkrieg der 1960er Jahre. Zunächst als Szenesong der Protestbewegung in Berkeley bekannt, erfuhr der Song über die amerikanische Westküste hinaus hohe Bekanntheit und galt schnell als eine der Hymnen der Anti-Kriegsbewegung.
Beißend sarkastisch rechnet McDonald in seinem Stück im Stil eines Folksängers mit den Interessensvertretern des Vietnamkriegs ab und solidarisiert sich mit den gegen ihren Willen einberufenen Soldaten inmitten des Kriegsgeschehens. Damit trifft er den Nerv der sich formierenden Counterculture der 1960er Jahre, deren radikale Gegenposition zu den vorherrschenden gesellschaftlichen Wert- und Moralvorstellungen und politischer Aktionismus historische Bedeutung erlangte.

I. Entstehungsgeschichte

Der I-FEEL-LIKE-I’M-FIXIN’-TO-DIE RAG erschien erstmals im Herbst 1965 auf der EP Talking Issues – Songs of Opposition, die eine “sprechende Ausgabe” des von Joe McDonald herausgegebenen Magazins Rag Baby darstellte. Dabei handelte es sich um eine Eigenproduktion der Band Country Joe and the Fish, die in ihrer Erstbesetzung aus Joe McDonald, Barry Melton, Carl Shrager, Bill Steele und Mike Beardslee bestand. Die rund 100 produzierten Exemplare verteilte die Band bei Protestveranstaltungen gegen den Vietnamkrieg auf dem Campus der Berkeley Universität, einem zentralen Ausgangspunkt der aufkeimenden Studentenbewegung. Eine kommerzielle Vermarktung des von Joe McDonald geschriebenen Songs ergab sich erst 1967, als das Stück zum Titelsong des gleichnamigen Studioalbums von Country Joe and the Fish wurde, welche zu diesem Zeitpunkt bei dem Label Vanguard Records unter Vertrag standen (vgl. McDonald 2006: 196; Belmont o.J.: o.S.).

Seinen hohen Bekanntheitsgrad verdankt der Song indes dem Livemitschnitt der Soloperformance von Country Joe McDonald auf dem Woodstock Music and Art Fair Festival im Jahr 1969. Joe McDonald, der ursprünglich zusammen mit seiner Band auf dem Festival auftreten sollte, führte eine Akustikversion des I-FEEL-LIKE-I’M-FIXIN’-TO-DIE RAG auf, nachdem er gebeten wurde, über eine Lücke im Programm des Festivals hinweg zu helfen. Die Performance des Rags in leicht abgeänderter Version brachte eine Eigendynamik im Publikum zugange: Ausgelassen singend und klatschend begleitete die Masse der Festivalbesucher das Stück. Die filmische Dokumentation dieser denkwürdigen Szene, markiert eine der bekanntesten Momente des im Jahr 1970 veröffentlichten Dokumentationsfilms Woodstock, welcher das Festival zum Mythos der Hippiebewegung, den Song zur Hymne der Anti-Vietnam-Bewegung stilisierte und ein Massenpublikum begeisterte (vgl. Belmont o. J.: o. S.). Kurze Zeit später folgte der Soundtrack zur Dokumentation Music from the Original Soundtrack and More, der ebenfalls die Liveversion des I-FEEL-LIKE-I’M-FIXIN’-TO-DIE RAG enthält.

II. Kontext

Joe McDonald wurde im Jahr 1942 geboren und wuchs in Zeiten wirtschaftlichen Aufschwungs und steigenden Wohlstands im Amerika der Nachkriegszeit auf. Damit gehört er zu jenen geburtenstarken Jahrgängen der amerikanischen Mittelschicht, die zu Beginn der 1960er Jahre gegen etablierte Werte der amerikanischen Gesellschaft Sturm liefen. Die Wurzeln dieser sogenannten Counterculture finden sich in der intellektuell-kreativen Szene der New Yorker Beatniks der 1950er Jahre, die den Materialismus und Konformismus der amerikanischen Gesellschaft kritisierten und einen individuellen, von gesellschaftlichen Zwängen befreiten Lebensstil proklamierten. Die Hervorhebung der individuellen Bewusstseinsbildung, beeinflusst durch östliche Philosophien, ging mit einem experimentellen Umgang mit Sexualität und psychoaktiven Drogen einher (vgl. Fish 1994: 28-31; Szatmary 2007: 146-148).

Zu Beginn der 1960er-Jahre war mehr jungen Erwachsenen der Zugang zu höherer Bildung an Universitäten möglich als je zuvor. Genährt von den politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen dieser Zeit formte sich eine studentisch geprägte, hochpolitisierte Subkultur, deren Eigenschaften und Entwicklung stark mit den musikalischen Entwicklungen der 1960er-Jahre verschränkt sind. Die Bewegung artikulierte eine radikale Gegenposition zu den Moral- und Wertvorstellungen ihrer Elterngeneration – dem “Establishment”. Die Pop-Musik erhob sich dabei zum zentralen Medium, sowohl als Ausdruck des propagierten individuellen Lebensstils, als auch als Medium sozialkritischer Botschaften. Politisch brisante Themen, wie die aufflammende Bürgerrechtsbewegung, Kritik am bestehenden Hochschulrecht und wenig später die steigende militärische Präsenz der USA im Vietnamkrieg rückten ins Zentrum der Aufmerksamkeit der Bewegung und gaben Anlass zu weitläufigen Protestaktionen. Bis zur Mitte der 1960er-Jahre formierten sich zahlreiche Gruppierungen, wie die in ihrer Natur und Intention vermehrt politisch agierenden Gruppen der sogenannten “Neuen Linken” sowie die unter dem Sammelbegriff der “Hippies” zu fassenden Gruppierungen junger Menschen, die ihre Aktivität vermehrt auf die Entwicklung und Praktizierung alternativer Lebensentwürfe konzentrierten. Im Jahr 1965 entstanden, muss der I-FEEL-LIKE-I’M-FIXIN’-TO-DIE RAG vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen betrachtet werden (vgl. Fish 1994: 42-45; Szatmary 2007: 151-152).

Joe McDonalds politische Einstellung und sein politischer Aktivismus erfuhren bereits durch sein politisch linksorientiertes Elternhaus eine entscheidende Prägung. Als frühere Mitglieder der kommunistischen Partei der USA sahen sich seine Eltern in der McCarthy Ära der 1950er-Jahre, die den Kommunismus zum Feindbild erhob, mit politischer Denunziation konfrontiert. McDonalds Beitritt zum Militär in den Jahren 1959 bis 1962, so deutet er selbst rückblickend, sei einzig ein Versuch gewesen, den fehlenden Patriotismus seiner Eltern zu kompensieren (vgl. McDonald 2006: 195-196).

Nachhaltigen Einfluss auf McDonalds musikalisches Schaffen und seiner damit stets eng verschränkten politischen Überzeugung übte zudem die sozialkritische Folkmusik der 1950er Jahre aus. So seien es die Songs Woody Guthries und Pete Seegers gewesen, die ihn in jungen Jahren beeinflussten, bevor er im Alter von 16 Jahren begann erste eigene Stücke zu schreiben (vgl. McDonald 2006: 196).

Nach seiner Rückkehr aus der Navy besuchte Joe McDonald das LA State College und trat dem Folk Music Club bei. Wie zahlreiche Studenten begann er sich im Zuge der aufflammenden Bürgerrechtsbewegung für die Rechte der schwarzen Bevölkerung einzusetzen und nahm an Protestveranstaltungen teil. Als Stimme sozialer Ungleichheit erlebten die Folkmusik und ihre jungen Vertreter, wie Bob Dylan oder Joan Baez in der ersten Hälfte der 1960er Jahre eine Blütezeit und funktionierten als Motoren der Bewegung. Wenig später formierte sich ausgehend vom Campus der Berkeley Universität, an welcher sich Joe McDonald 1965 einschrieb, das Free-Speech-Movement, welches gegen die Einschränkung der Erlaubnis zur freien Meinungsäußerung auf dem Campus eintrat. Wie bereits bei der Bürgerrechtsbewegung erfolgte eine Verbindung von Protesthandlungen und Kundgebungen mit musikalischen Darbietungen. Etwa zu dieser Zeit trat Joe McDonald in ersten Folkbandformationen auf, wie dem Berkeley String Quartett und der Instant Action Jug Band. Durch Letztere lernte er den Gitarristen Barry Melton kennen, mit dem zusammen er wenig später ein Folkduo mit dem Namen Country Joe and the Fish gründete (vgl. McDonald 2006: 196; Belmont o. J.: o. S.).

Die Entstehung des Rags fällt zudem in die Zeit der beginnenden Sichtbarwerdung der Protestbewegung gegen den Vietnamkrieg. Befanden sich die USA bereits seit etwa 1950 in den Konflikt in Indochina und vor allem Vietnam involviert, so rückte der Krieg gegen 1965 vermehrt in das Zentrum öffentlicher Aufmerksamkeit. Überschattet von den Ereignissen des Kalten Krieges, galt das amerikanische Engagement in Vietnam über mehrere Regierungsperioden hinweg als Maßnahme zur Eindämmung des Kommunismus. Durch die Unterstützung Südvietnams gegen das kommunistische Nordvietnam sollte eine direkte Bedrohung der USA abgewendet werden. Hatte die Regierung Kennedy bereits für eine massive Erhöhung der finanziellen Unterstützung Südvietnams gesorgt und mehrere tausend Militärberater nach Vietnam geschickt, so war es die Amtsperiode Lyndon B. Johnsons, in welcher es zur Eskalation des Krieges kam. Nachdem amerikanische Luftangriffe und Flächenbombardements erfolglos blieben, ordnete dieser den Einsatz von Bodentruppen an 1967 befanden sich rund 200.000 Soldaten in Vietnam (vgl. Anderson 2002: 30-54). Die anhaltende Erfolglosigkeit der amerikanischen Kriegsführung wurde zunehmend deutlich und drang in das Bewusstsein der US-Bevölkerung vor, was nicht zuletzt in der hohen medialen Thematisierung, die die Geschehnisse in Vietnam erfuhren, begründet ist. In Vietnam waren mehr Kriegsreporter im Einsatz als je zuvor, wodurch die blutige Realität des Krieges und deren Auswirkungen auf die Zivilbevölkerung Vietnams in den Wohnzimmern der US-Bevölkerung Einkehr hielt, weswegen der Vietnamkrieg oftmals als “erster Fernsehkrieg” betitelt wird. Die Aussichtslosigkeit des amerikanischen Engagements in Vietnam desillusionierte die US-Bevölkerung mehr und mehr und gab einer sich formierenden Antikriegsbewegung starken Auftrieb (vgl. Knightley 2003: 175). Auf erste “Teach-Ins” an Universitäten folgten Friedensmärsche mit immenser Beteiligung und Protestveranstaltungen die Anti-Vietnam-Bewegung erwuchs zum vereinenden Element der Counterculture und fand Sympathisanten in allen Bevölkerungsgruppen (vgl. Hall 2012: 12-29). Der erhöhte Bedarf an Soldaten und die Möglichkeit der Zwangseinberufung wurden vor allem für die jungen Erwachsenen zur direkten Lebensbedrohung, weswegen der Widerstand gegen die Einberufung und die Kritik an deren Legitimation zu einem zentralen Element des Anti-Vietnam-Protests wurde (vgl. Anderson 2002: 56-57).

Country Joe and the Fish wurden zu einer festen Instanz bei Protestveranstaltungen, wodurch der I-FEEL-LIKE-I’M-FIXIN’-TO-DIE RAG einen relativ hohen Bekanntheitsgrad innerhalb der Protestszene in und um Berkeley erlangte. Die Band entwickelte sich allmählich zu einer Folk-Rock Band, an der sich die zu dieser Zeit beginnende Popularisierung der Kombination von Folk- und Rockmusik abzeichnet. Der Folk-Rock vereinte die textlastige, sozialkritische Natur des Folk mit der bis zu diesem Zeitpunkt eher unpolitischen, populären, elektrischen Rockmusik. Die Elektrifizierung des Folk ebnete zudem der Entwicklung des Psychedelic Rocks um 1965 den Weg (vgl. Szatmary 2007: 156-158), dessen Innovation von San Francisco, insbesondere vom Stadtteil Haight Ashbury, ausging, nachdem sich dort zunehmend Größen der Beat Generation niedergelassen hatten und ihrem experimentellen, gesellschaftskritischen Lebensstil, der zunehmend Anhänger der Counterculture fand, öffentlich zelebrierten. Der Stadtteil wurde zum Zentrum der Hippiebewegung und der sogenannten “Psychedelic Revolution”. Rockmusik, Lyriklesungen und experimentelle Lichtshows wurden mit dem gemeinschaftlichen Konsum psychoaktiver Drogen kombiniert. Neben Marihuana erfreute sich vor allem LSD, nicht zuletzt durch die Proklamation der Droge als Mittel der Bewusstseinsfindung durch den ehemaligen Harvard Professor Timothy Leary, zunehmender Prominenz und Verbreitung unter der Studentengeneration und der kreativen Szene. Es entstand ein Sound, der sich als Ausdruck einer “gesellschaftlichen Revolution” begriff. Bands wie Jefferson Airplane, The Greatful Dead, The Doors, Quicksilver Messenger Service, Big Brother and the Holding Company und Country Joe and the Fish entwickelten einen experimentellen Stil, der sich durch ausgedehnte Instrumentalimprovisationen mit verstärkten Gitarren und Keyboards, bildhaften Songtexten, die oftmals auf Drogenerfahrungen basierten oder diese beschrieben, auszeichnet. Es handelte sich um komplexe Kompositionen, die die bisher konventionelle Dauer von Songs über drei bis vier Minuten weit überstiegen (vgl. Szatmary 2007: 150-158). Die weniger bekannte Studioversion des I-FEEL-LIKE-I’M-FIXIN’-TO-DIE RAG von 1967 zeigt sich ebenfalls in diesem “psychedelischen Gewand”.

San Francisco entwickelte sich zur Hochburg der Hippies und der Psychedelic Rock erfuhr über die Westküste hinaus Bekanntheit, wodurch der ursprünglich anti-kommerzielle Stil sein kommerzielles Potenzial entfaltete und die Charts stürmte. Längst strömten Scharen von jungen Erwachsenen aus ganz Amerika nach Haight Ashbury – der “Summer of Love” von 1967 gilt als Höhepunkt der Hippiebewegung, als etwa 50.000 Hippies in und um das Szeneviertel Haight Ashbury lebten und markiert zugleich ihr schleichendes Ende: Die Hippiekultur war im Mainstream angekommen, der Handel hatte das kommerzielle Potenzial der Szene erkannt und das Viertel Haight Ashbury wurde als Touristenattraktion vermarktet (vgl. Szatmary 2007: 164, 166-168). So stand auch das 1969 veranstaltete Woodstock Music and Art Fair Festival am Endpunkt der Bewegung. Ursprünglich als kommerzielles Unterfangen geplant, zwang die unerwartet hohe, nur schwer zu koordinierende Besucherzahl von etwa 400.000 Menschen die Veranstalter dazu, vom Verkauf von Tickets abzusehen und jedem freien Eintritt zu gewähren. Wie der Slogan der Werbeplakate “Three Days of Peace and Music” bereits andeutet, war die Zielgruppe der Veranstaltung die Anhänger der Counterculture. Geworben wurde mit Auftritten von Jimi Hendrix, Janis Joplin, The Who, Joe Cocker, Arlo Guthrie, Jefferson Airplane, Joan Baez, Country Joe and the Fish und vielen mehr. Angesichts der schieren Masse an Besuchern, schlechtem Wetter und weiträumigen Staus brach das Versorgungssystem des Festivals zusammen, was zu einem Mangel an Nahrung, Sanitäranlagen sowie medizinischer Betreuung führte – für die Veranstalter erwuchs Woodstock zum finanziellen Desaster (vgl. Perone 2005: 27-63).

Der spontane Auftritt McDonalds trug zur Entstehung einer besonderen Version des I-FEEL-LIKE-I’M-FIXIN’-TO-DIE RAG bei. Anstatt des zur Studioversion des Rags gehörenden Fish-Cheers, bei dem der Name “Fish” nach einem Call-and-Response Schema vom Publikum buchstabiert wird, stimmte Country Joe eine später als “Fuck-Cheer” bezeichnete Alternative an und zog damit die Aufmerksamkeit des Publikums auf sich. Die Band hatte bereits im Sommer 1968 auf dem Shaefer Summer Festival im New Yorker Central Park erstmals bei der Aufführung des Rags vor 10.000 Zuschauern das Wort “fish” durch “fuck” ersetzt, einem der Tabuwörter dieser Zeit. Die Idee, so McDonald, gehe auf den Drummer der Band Gary Hirsh zurück und sei spontan und ohne Hintergedanken entstanden, erregte jedoch öffentliches Aufsehen. So wurde ein geplanter Auftritt in der Ed Sullivan Show abgesagt, die Verantwortlichen bezahlten sogar dafür, dass Country Joe and the Fish nicht an der Show teilnehmen würden (vgl. Belmont o.J.: o. S.).

III. Analyse

Die Woodstock-Version des I-FEEL-LIKE-I’M-FIXIN’-TO-DIE RAG dauert 3:15 Minuten und wird durch eine Call-and-Response-Interaktion mit dem Publikum, die einem Cheerleader-Chant nachempfunden ist, eingeleitet. So fordert Joe McDonald das Publikum auf das Wort “fuck” zu buchstabieren (“Gimme an F, gimme a U, gimme a C, gimme a K”) und fünf Mal zu wiederholen (“What’s that spell?”). Wie bereits auf dem Shaefer Summer Festival in New York sicherte die provokante Verwendung des Tabuwortes, dessen öffentliche Verwendung unter Strafe stand, Joe McDonald die Aufmerksamkeit des Publikums, welches der Aufforderung unmittelbar und zahlreich nachkam, wie es auf der Liveaufnahme zu hören ist. Dabei scheint der gemeinschaftliche Tabubruch nicht zuletzt als Ventil für den Ausdruck Unzufriedenheit mit dem gesellschaftlichen Ist-Zustand, dem geforderten gesellschaftlichen Wandel sowie der Ablehnung des Vietnamkriegs, der sich nach der Tet-Offensive 1968 auf dem Höhepunkt seiner Grausamkeit zu befinden schien, zu fungieren.

Im Anschluss stimmt Country Joe McDonald, begleitet durch seine Akustikgitarre, die erste Strophe an. Der in G-Dur gehaltene Song folgt einem klaren Strophe-Refrain Schema und behält durchwegs einen 2/4 Takt bei. Die musikalische Untermalung zeigt sich einfach gehalten, wirkt sorglos und fröhlich und lädt zum Mitsingen ein.

Thema des Songs ist der Vietnamkrieg und die verschiedenen Interessen an dessen Führung von Regierung, Rüstungsindustrie, Militär und der regierungskonformen Bevölkerung. Die Kombination von sorgloser musikalischer Untermalung und ernster, hochgradig sarkastisch vermittelter Thematik verleiht dem Stück seine Ausdruckskraft und erzeugt eine bitterböse Parodie auf die Absurdität des Vietnamkriegs. Jede Strophe nimmt sich dabei einem der Interessenvertreter an, die in die Geschehnisse in Vietnam verwickelt scheinen. So stellt die erste Strophe einen Aufruf der Regierung an junge Männer dar, ihre Bücher und somit ihre Ausbildung gegen eine Waffe einzutauschen (“put down your books and pick up a gun”), um in Vietnam ein bisschen Spaß zu haben (“We’re gonna have a whole lotta fun”). Nicht nur die Legitimation des Vietnamkriegs stellt McDonald dadurch infrage, sondern auch die Zwangseinberufung junger Männer, gegen welche er auf diese Weise klar Position bezieht.

In der zweiten Strophe wendet McDonald sich an die Industrie und ruft diese auf nicht zu verpassen, dass sich mit dem Krieg gutes Geld machen ließe (“There’s plenty good money to be made, by supplying the army with the tools of the trade”) und macht so auf den Zusammenhang der Unterstützung des Vietnamkriegs und wirtschaftlicher Interessen aufmerksam.

Hochrangige Militärs wiederum reiht er in der dritten Strophe in die Reihe der Verursacher des Krieges ein, die, den Kommunismus zum Feindbild erhoben (“Now you can go out and get those reds – cause the only good commie is the one who’s dead”), für den vermeintlichen Frieden kämpften und dafür die zerstörerische Bombardierung Vietnams billigten (“And you know that peace can only be won, when we’ve blown ’em all to kingdom come”).

Die letzte Strophe unterscheidet sich von den genannten insofern, als dass McDonald hier keine Regierungs- bzw. Wirtschaftsinstitutionen anvisiert, sondern vielmehr die als absurd dargestellte Bereitschaft der Bevölkerung, vor allem der konservativen, nach Konformität strebenden Elterngeneration, den Krieg zu befürworten und ihre eigenen Kinder in den Tod zu schicken. So ruft er sie spöttisch dazu auf, sich zu bemühen, der Erste in ihrer Straße zu sein, der seinen Sohn in einem Sarg zurückbekäme (“Be the first one on your block to have your boy come home in a box”).

Im Refrain des Songs, der auf jede Strophe folgt, vollzieht Joe McDonald stets einen Perspektivenwechsel und geht von der Beschreibung der Interessensvertreter zur Beschreibung der Perspektive der sich in Vietnam befindenden Soldaten über. Ein zentrales Deutungsmuster ist dabei die Darstellung der Soldaten als Marionetten der Machthabenden, die in den Strophen beschrieben werden: Unwissend darüber, wofür sie in Vietnam kämpften (“What are we fighting for? I don’t give a damn”), sähen sie mit sarkastischer Gleichgültigkeit dem Tod entgegen (“Open up the pearly gates, Well there ain’t no time to wonder why, Whoopee! we’re all gonna die”). GI-Humor, wie dieser, so McDonald, sei die einzige Möglichkeit für die im System von Zwangseinziehung gefangenen und dem Befehl fremder Interessen unterstehenden Soldaten, um die Schrecken des Krieges zu bewältigen. McDonald, der selbst beim Militär war, solidarisiert sich in seinem Stück mit dem einfachen Soldaten, den er nicht als Täter, sondern vielmehr als Opfer der Machthabenden stilisiert. Unterstrichen wird dieser Standpunkt durch das Bühnenoutfit McDonalds – einer hippieesk abgewandelte Militäruniform, die so zum Symbol der Solidarität mit den kämpfenden Soldaten funktionalisiert wird.

Ein weiteres wichtiges Element der Performance McDonalds ist die direkte Miteinbeziehung des Publikums. Neben der Call-and-Response-Interaktion zu Beginn seines Auftritts unterbricht er den Song zudem nach der dritten Strophe (1:58) und fordert das Publikum zur Partizipation auf: “Listen people, I don’t know how you expect to stop the war, if you can’t sing any better than that. There’s about 300.000 of you fuckers out there, I want you to start singin’! Come on!”, worauf das Publikum prompt reagiert. Mit dieser Form der Agitation reiht sich McDonald in die Tradition der Folkmusik ein, deren Performanz stark durch die gewollte Einflussnahme auf das und Interaktion mit dem Publikum gekennzeichnet ist und konstruiert so das Image des sozialkritischen Folksängers.

IV. Rezeption

Zunächst als nicht kommerziell vertriebenes Szenelied von Protestveranstaltungen der Anti-Vietnam-Bewegung einem vergleichsweise kleinem Kreis der Protestszene bekannt, konnte der I-FEEL-LIKE-I’M-FIXIN’-TO-DIE RAG auch nach seiner Veröffentlichung als Singleauskopplung des gleichnamigen Studioalbums von Country Joe and the Fish 1967 keinen nennenswerten kommerziellen Erfolg erzielen. Das Billboard Magazine vom 2. Dezember 1967 lobte den beißend sarkastischen Text des I-FEEL-LIKE-I’M-FIXIN’-TO-DIE RAGs, konstatierte jedoch, dass das Album nicht an das Debütalbum der Band heranreichen würde – eine Chartplatzierung blieb aus (vgl. Billboard 1967: 98).

Erst die Soloperformance von Country Joe McDonald auf dem Woodstock Festival 1969 legte den Grundstein für den steigenden Bekanntheitsgrad des Stücks, wobei hierzu vor allem der 1970 veröffentlichte Dokumentarfilm über das Musikfestival beitrug, der aus den vorhandenen rund 100 Stunden Videomaterial geschnitten wurde. Der Film von Michael Waldleigh gilt als einer der erfolgreichsten Dokumentarfilme, spielte über 100 Millionen Dollar ein (vgl. Roberts 1999: 53) und wurde 1971 mit dem Oskar für den besten Dokumentarfilm ausgezeichnet. Die collagenartige Dokumentation trägt wesentlichen Anteil daran, dass das Festival bis heute als Symbol der Jugendkultur der 1960er Jahre und deren gesellschaftlichen Idealismus gedeutet wird und das Festival zum Mythos des entscheidenden Hippie-Events stilisiert wird, obwohl die Hochphase der Bewegung bereits zu Ende gegangen war. Die Massenwirksamkeit, die die Interaktion Joe McDonalds mit dem Festivalpublikum kennzeichnete, schienen auch die Produzenten der Dokumentation erkannt zu haben, weswegen Country Joes Performance sich im Film gezielt als Ausdruck von Zusammengehörigkeit und Einheit der Woodstock-Akteure stilisiert zeigt. Dies wird vor allem daran erkennbar, dass der Rag als einzige Performance filmisch mit der Einblendung des Songtextes zusammen mit einem zum Mitsingen animierenden “Bouncing Ball” umgesetzt wurde. Diese Darstellung beflügelt die Wahrnehmung des Festivalpublikums als physische und ideelle Einheit einer Generation durch den Rezipienten gezielt und fördert dessen Identifikation durch die Option zur Partizipation bis hinein in den Kinosaal.

Auch der Soundtrack, der kurze Zeit nach der Dokumentation veröffentlicht wurde, stand im Juli 1970 an der Spitze der amerikanischen Billboard Albumcharts und hielt sich über mehrere Monate hinweg innerhalb der Top 10 (vgl. www.superseventies.com [Februar 2013]). Sowohl der Film als auch der Soundtrack wurden mehrmals neu aufgelegt, 1994 erschienen der Director’s Cut des Films und eine remastered Edition des Soundtracks, worauf 2009 die Veröffentlichung einer Jubiläumsedition von Film und Soundtrack folgten.

Zwar finden sich neben einem unveröffentlichten Cover des Rags von Pete Seeger und einer Coverversion der Band Chumbawamba keine weiteren Coverversionen des Stücks, so scheint der I-FEEL-LIKE-I’M-FIXIN’-TO-DIE RAG über Generationen hinweg ein Gerüst für Protest gegen und Kritik an sozialen und politischen Verhältnissen in musikalischer Form darzustellen: Auf der Homepage Country Joes findet sich eine Sammlung von eigenen und fremden Adaptionen des Stücks, die beispielsweise auf den Irakkrieg oder die amerikanische Präsidentschaftswahl von 2008 umgeschrieben wurden und sich der sarkastischen Form der Thematisierung derartiger Krisenherde und sozialer Verhältnisse, wie es im I-FEEL-LIKE-I’M-FIXIN’-TO-DIE RAG der Fall ist, bedienen (siehe http://www.countryjoe.com/fixins.htm [Februar 2013]).

 

SARAH THANNER


Credits

Gesang, Gitarre und Text: Joe McDonald
Label: Cotillion / Atlantic Records
Produzent: Eric Blackstead
Aufnahme: 15.-18. August 1969
Veröffentlichung: 11. Mai 1970

Recordings

  • Country Joe and the Fish. “I-feel-like-I’m-fixin’-to-die Rag”, Talking Issue – Songs of Opposition, 1965, Rag Baby Records, L 1001, US (7″/EP).
  • Country Joe and the Fish. “I-feel-like-I’m-fixin’-to-die Rag”, I-feel-like-I’m-fixin’-to-die, 1967, Vanguard, VRS 9266, US (LP/Album).
  • Country Joe McDonald. “I-feel-like-I’m-fixin’-to-die Rag”, Woodstock. Music from the Original Soundtrack and More, 1970, Cotillion, SD 3-500, US (3xLP/Album).

References

  • Anderson, David L.: The Columbia Guide to the Vietnam War. New York 2002.
  • Billboard Publishers Company (Ed.): Billboard. The International Music-Record Newsweekly, 2. Dezember 1967.
  • Hall, Simon: Rethinking the American Anti-War Movement. New York: Routledge 2012.
  • Knightley, Phillip: The Independence Wars 1945-1994. In: The Eye of War. Ed. by Philip Knightley. London: Weidenfeld Nicolson Illustrated 2003, 172-221.
  • McDonald, Joe: I was president of my highschool marching band. In: Vietnam. The definitive oral history told from all sides. Ed. by Christian G. Appy. New York: Ebury 2008, 195-199.
  • Perone, James: Woodstock. An Encyclopedia of the Music and Art Fair. London/Westport: Greenwood Publishing Group 2005.
  • Robert, John: Reminiscences. In: Woodstock. An inside look at the movie that shook up the world and defined a generation. Ed. by Dale Bell. Los Angeles: Michael Wiese Productions 1999, 52-55.
  • Szatmary, David P.: Rockin’ in Time. A Social History of Rock-and-Roll. Boston: Pearson Prentice Hall 62007.

Films

  • Woodstock, USA 1970, Regie: Michael Waldleigh.
  • Fuck. A Fuckumentary Film by Steve Anderson , USA 2005, Regie: Steve Anderson.

Links

  • Belmont, Bill: Country Joe McDonald. o. O. o. J. URL: http://www.countryjoe.com/cjmbio.htm [04.05.2012].
  • Mc Donald, Joe: How I Wrote the Rag. Berkley 2000. URL: http://www.countryjoe.com/howrag.htm [04.05.2012].
  • Artist-Homepage von Joe McDonald: http://www.countryjoe.com/ [05.05.2012].
  • Artist-Homepage der Band Country Joe and the Fish: http://www.well.com/~cjfish/ [05.05.2012].
  • Homepage des Magazins Rag Baby: http://www.ragbaby.com/about.htm [05.05.2012].
  • Billboard Chartplatzierung des Woodstock Soundtracks: http://www.superseventies.com/albumsbymonth70.html [05.05.2012].

About the Author

Analysis written in a course of Dr. Manuel Trummer at the Universität Regensburg.
All contributions by Sarah Thanner

Citation

Sarah Thanner: “I-Feel-Like-I’m-Fixin’-To-Die-Rag / Fish Cheer (Country Joe McDonald)”. In: Songlexikon. Encyclopedia of Songs. Ed. by Michael Fischer, Fernand Hörner and Christofer Jost, http://www.songlexikon.de/songs/fishcheer, 02/2013 [revised 10/2013].

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