AFRICA gehört zu den bekanntesten Songs der Band Toto und wurde 1982 zu ihrem einzigen Nummer-Eins-Hit. Der Song zeichnet sich musikalisch, neben dem emphatischen Gesang, besonders durch den Klang und Rhythmus der afrikanischen Perkussionsinstrumente aus.
I. Entstehungsgeschichte
Komponiert wurde AFRICA von Schlagzeuger Jeff Porcaro und Keyboarder David Paich, der in diesem Song als Leadsänger zu hören ist.
Während Paich die Melodie eigenen Angaben zufolge innerhalb von 10 Minuten niederschrieb, benötigte er für den Text insgesamt sechs Monate (vgl. Ward 2004). Als er den ersten Entwurf an Porcaro weitergab, setzte sich dieser mit seinem Kollegen Lenny Castro im Studio zusammen und entschied sich beim Experimentieren mit mehreren Perkussionsinstrumenten für den Basisrhythmus. Die beiden Musiker starteten eine fünfminütige Aufnahme und suchten sich im Anschluss die gelungensten zwei Takte aus. Nachdem zusätzlich Shaker und Cowbell hinzugefügt wurden, konnte der vollständige Beat als Loop gespeichert werden. Dieser entstandene Basisgroove, der das ganze Lied hindurch zu hören ist, ist von typischen Merkmalen afrikanischer Trommelmusik inspiriert, die Porcaro als Elfjähriger zum ersten Mal in New York City live erlebt hatte (vgl. Flans 2005). Alle Musiker waren sich während der Produktion einig, dass die afrikanischen Perkussionsinstrumente das zentrale klangliche Element des Songs werden sollten. Der Basisgroove in AFRICA war einer der ersten Schlagzeug-Loops, die in einem Song verwendet wurden (vgl. Ward 2004).
Die Aufnahme von AFRICA entstand 1981 im Hollywood Sunset Sound Studio und erschien bei dem Label Columbia Records. Geleitet wurde sie vom Toningenieur Al Schmitt, der sich bereits für seine Zusammenarbeit u.a. mit Steely Dan und George Benson in Los Angeles einen Namen gemacht hatte. Produziert wurde das vierte Studioalbum Toto IV von der Band selbst. AFRICA entstand direkt als zweiter Song nach dem ebenfalls sehr bekannten Hit “Rosanna” und erschien als letzter Titel des Albums. Am 8. April 1982 wurde Toto IV veröffentlicht, die Single AFRICA im folgenden September. Im Rahmen der anschließenden Welttournee 1982 wurde der Song AFRICA in Tokio zum ersten Mal live aufgeführt (vgl. Flans 2005).
II. Kontext
1976 hatten zwei der begehrtesten Studiomusiker von Los Angeles, Jeff Porcaro und David Paich, die Band Toto gegründet. Seit der Veröffentlichung des ersten Albums Toto wurde der Band von der Presse immer wieder vorgeworfen, dass ihr Hang zur Perfektion auf Kosten der emotionalen Seite der Musik gehen würde. Trotz des Charterfolgs “Hold the Line” blieb der materielle Gewinn gering, und auch die beiden nächsten Alben änderten nichts daran. Erst mit Toto IV und den drei erfolgreichen Songs “Rosanna”, “I Won’t Hold You Back” und AFRICA kam dann der internationale Durchbruch (vgl. Schmidt-Joos/ Kampmann 2009: 1835).
Inspiriert wurde David Paich durch einen UNICEF-TV-Spot, in dem hungernde Kinder in Afrika gezeigt wurden, und welcher ihn gleichermaßen berührte wie entsetzte. Mit dem Song wollte Paich die Aufmerksamkeit auf die Situation in Afrika lenken, obwohl er bis zu diesem Zeitpunkt noch nie auf diesem Kontinent gewesen war. Die immer wiederkehrenden Worte “I bless the rains down in Africa” in dem Song sind ein Resultat einiger Gespräche von David Paich und einem befreundeten Priester, der in Afrika missionierte und Paich von seiner Arbeit erzählte. Ansonsten konnte Paich nicht aus weiteren persönlichen Erfahrungen schöpfen und musste sich stattdessen auf Bücher über Afrika verlassen. Inhaltlich wurde die Perspektive eines von der ‚doppelten’ Liebe zu Afrika und einer Frau ergriffenen Mannes gewählt, doch wurde der Text im Einzelnen derart ausgestaltet, dass dem Hörer viel Interpretationsspielraum gegeben wird (vgl. Ward 2004).
Die beiden Mitglieder Bobby Kimball und David Paich äußerten in einem Interview, dass sie AFRICA für einen ihrer schwächsten Songs hielten und sie ihn deshalb ursprünglich nicht in das Album integrieren wollten. Außerdem gingen die Band und einige Mitarbeiter davon aus, dass AFRICA in den Charts nicht erfolgreich sein würde. Ein Mitarbeiter von CBS Records konnte die Musiker letztlich jedoch davon überzeugen, dass der Titel mit auf das Album gehörte (vgl. ebd.).
Das Musikvideo zu AFRICA, welches von dem bekannten Regisseur Steve Barron produziert wurde, zeigt einen Forscher (gespielt von David Paich) in einer Bibliothek, der nach einem Buch mit dem Titel “Africa” sucht. Außerdem wird die Band, während sie zusammen performt, auf einer vergrößerten Version dieses gesuchten Buches, welches als „Bühne“ fungiert, in Szene gesetzt. Zu Beginn bleibt die Szene ruhig. Ein Pass wird abgestempelt, ein Globus dreht sich und eine Bibliothekarin mit dunkler Hautfarbe arbeitet an einem Schreibtisch. Der Forscher sucht nach dem Ursprung einer zerrissenen Seite und findet das Bild eines afrikanischen Kriegers mit Schild im Buch “Africa”. Im Verlauf erscheint dieser Krieger und wirft einen Speer, der eine Lampe zum Umstürzen bringt und das Bild von ihm verbrennen lässt. Masken, ein Löwenkopf und Pflanzen werden im Video wie Symbole für das Land verwendet und durch die koloniale Vergangenheit Afrikas erinnert das Video auch an die ambivalente Verbindung zwischen westlichen Einflüssen und Traditionen.
Obwohl David Hungate den Bass auf der Aufnahme einspielte, ist im Video schon der neue Bassist Mike Porcaro zu sehen, da Hungate die Band noch vor der Veröffentlichung des Albums verließ (vgl. Flans 2005).
III. Analyse
Der Song hat eine Gesamtdauer von 4:58 Minuten und beginnt mit dem Schlagzeug-Loop. Nach den ersten vier Takten setzen Keyboard und Bass ein, welche acht Takte lang im gleichen Rhythmus die Harmonien A-Dur, G#-Moll und C#-Moll spielen. Auf dem letzten Akkord ist ein Keyboard-Fill zu hören, der an das afrikanische Instrument Marimba erinnert.
Nach diesem zwölftaktigen Intro beginnt die erste Strophe mit den Worten “I hear the drums echoing tonight” (Minute 00:30) in der Tonart H-Dur. Auffallend an der Strophe ist ihre Länge von 19 Takten, die sich in drei fünftaktige und einen viertaktigen Abschnitt gliedert. Im vorletzten Takt der ersten drei Strophenabschnitte findet jeweils ein Taktartwechsel von 4/4 zu 2/4 statt ‒ der letzte Takt der Abschnitte, welcher rhythmisch und harmonisch an das Intro erinnert, wechselt jedoch wieder ins 4/4-Metrum. Im letzten, vierten Strophenabschnitt (Minute 01:06) wird auf den Wechsel in den 2/4-Takt verzichtet. Während die ersten drei Strophenabschnitte harmonisch identisch sind, dient der vierte Abschnitt als Take Off (vgl. von Appen/Frei-Hauenschild 2012), der sich durch das Auslassen des 2/4-Taktes, das Festhalten der erniedrigten VII. Stufe (A-Dur) und einen Schlagzeug-Fill (01:13) von den vorherigen Strophenabschnitten abhebt.
Die Worte “hurry boy it’s waiting there for you” und ein kurzes Schlagzeug-Fill (Minute 01:13) leiten in den ersten Chorus über. Der neuntaktige Chorus steht in A-Dur und hat die Akkordverbindung VI-IV-I-V. Im Chorus wird David Paich gesanglich von drei seiner Bandkollegen abgelöst, und die Gitarre ist zum ersten Mal gut zu hören. Besonders durch das Schlagzeug und die verzerrte Gitarre im Chorus findet eine klangliche Steigerung statt.
Das folgende viertaktige Interlude hat den gleichen Aufbau des Intros, geht dynamisch wieder zurück und leitet die zweite Strophe sowie die alte Tonart H-Dur ein. Ab Minute 01:50 wurde eine Oberstimme hinzugefügt, die vom Saxophonisten Jim Horn auf der Blockflöte eingespielt wurde. Der anschließende Chorus sowie das Interlude sind mit dem ersten Chorus und Interlude identisch.
In 02:57 beginnt das zweistimmige Keyboard-Solo mit Kalimba-Sound, welches sieben Takte lang über die Akkorde der Strophe spielt und von den aus der ersten Strophe übernommenen Worten “hurry boy she’s waiting there for you” abgelöst wird.
Es folgt der letzte Chorus, der allerdings aufgrund einer viermaligen Wiederholung der Worte “I bless the rains down in Africa” acht Takte länger ist. Die Fills der verzerrten Gitarre sowie die zweite Gesangsstimme lassen diesen Abschnitt zum musikalischen Höhepunkt des Stückes werden.
Bei 04:03 beginnt das Outro, in welchem die Instrumente nacheinander aussetzen, bis der Schlagzeug-Loop, der zu Anfang alleine einsetzte, übrig bleibt und bis zur Minute 04:58 ausblendet.
Der Text von AFRICA ist aus der Sicht eines Mannes geschrieben, der von der Liebe zum Land und zu einer Frau erfüllt ist. Er beschreibt, dass ihr Flug um 12:30 ankommen wird und dass es unmöglich ist, ihn von ihr zu trennen. Ergänzend führt er einige Gedanken über sich selbst und über Entscheidungen auf, die er treffen muss. Mittels Textwiederholungen wird jedoch besonders die unausgesprochene Aufforderung eines alten Mannes “hurry boy she’s waiting there for you” und die Bedeutung des afrikanischen Regens “I bless the rains down in Africa” hervorgehoben.
IV. Rezeption
Das Album Toto IV wurde mit sechs Grammys (u.a. Bestes Album des Jahres und Produzent des Jahres) ausgezeichnet. Viele Titel des Albums schafften es in die US-Charts, aber nur AFRICA wurde ein Nummer-Eins-Hit – nicht nur in den USA, sondern auch in den kanadischen und neuseeländischen Charts.
Obwohl der Zeitpunkt der Veröffentlichung schon über 30 Jahre zurückliegt, ist der Song gegenwärtig (2014) in den Medien immer noch sehr präsent und hat einige Coverversionen inspiriert. So war er in den zwei bekannten US-Serien Scrubs und Family Guy zu hören. Außerdem wurde der Titel für die Hintergrundmusik des beliebten Computerspiel Grand Theft Auto: Vice City ausgewählt.
Das erste Cover nahm ein Jahr nach der Veröffentlichung des Albums die Band The Shadows auf. Weitere Musiker, die diesen Titel coverten, waren u.a. Chris de Burgh, die amerikanische Sängerin JoJo (die AFRICA in ihrem Song “Anything” sampelte) und der Gitarrist Andy McKee. Die letztere, rein instrumentale Version benannte Paich in einem Interview als das für ihn schönste Cover des Songs.
Für Toto waren die zwei bedeutendsten Erlebnisse in Verbindung mit AFRICA eine Performance des Songs für die Vereinten Nationen und der gemeinsame erste Auftritt mit einem Gospelchor in Afrika (vgl. Ward 2004). Seit der Veröffentlichung von AFRICA wurde der Titel auf jedem Konzert von Toto gespielt.
LUKAS KARSTEN
Credits
Guitar: Steve Lukather
Vocals: Bobby Kimball, Steve Lukather, David Paich, Steve Porcaro, Timothy Schmitt
Bass: David Hungate
Keyboards: David Paich, Steve Porcaro
Drums & Percussion: Jeff Porcaro, Lenny Castro, Joe Porcaro
Recorders: Jim Horn
Music/ Writer/ Songwriting: David Paich, Jeff Porcaro
Producer: Toto
Label: Columbia Records
Recorded: 1981
Published: 1982
Length: 04:58
Recordings
- Toto. “Africa”, Toto IV, 1982, Columbia, FC 37728, US (Vinyl/LP/Album).
- Toto. “Africa”, 1982, Columbia, 38-03335, US (Vinyl/7”-Single).
- Toto. “Africa”, From Past Present 1977-1990, 1990, CBS, 465998 4/01-465998, Europe (Kassette).
- Toto. “Africa”, Toto XX, 1998, Legacy, JK 65832, US (CD/Album).
- Toto. “Hold The Line”, Hold The Line, 1978, Columbia, CBS 6784, US (Vinyl/7”-Single).
- Toto. “Rosanna”, Rosanna, 1982, CBS, CBS A 2079 (Vinyl/7”-Single).
- Grand Theft Auto: Vice City: Rockstar Games 2002.
Covers
- Shadows, The. “Africa”, XXV, 1983, Polydor, 815 607-2, Germany (CD/Album).
- McKee, Andy. “Africa”, Dreamcatcher, 2004, Candyrat Records, USA & Canada (CD/Album).
- JoJo. “Anything”, The High Road, 2006, Blackground Records, 1713769, UK (CD/Album).
- De Burgh, Chris. “Africa”, Footsteps, 2008, V2 Records, VVNL20522, Benelux (CD/Album).
References
- Graf, Christian/Rausch, Burghard: Rockmusiklexikon Amerika, Afrika, Asien, Australien. Bd. 2. Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch Verlag 1999.
- Schmidt-Joos, Siegfried; Kampmann, Wolf: Rock-Lexikon. Bd. 2. 2. überarb. und erw. Neuausgabe. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag 2009.
- Von Appen, Ralf/Frei-Hauenschild, Markus: AABA, Refrain, Chorus, Bridge, Prechorus – Songformen und ihre historische Entwicklung. In: Black Box Pop – Analysen populärerMusik. Ed. by Dietrich Helms and Thomas Phleps. Bielefeld: Transcript 2012, 105-107.
Links
- Flans, Robyn: “Classic Tracks: Toto’s Africa”. URL: http://mixonline.com/mag/audio_totos_africa/ [24.08.2013].
- Schaefer, Jason Brandz: “Toto’s ,Africa’: An Analysis”. URL: http://jasonbrandt.blogspot.de/2011/08/totos-africa-analysis.html [24.08.2013].
- Ward, Marshall: “,Africa’ by Toto Lives On After 30 Years”. URL: http://www.rockcellarmagazine.com/2013/02/04/africa-by-toto-lives-on-after-30-years/ [26.10.2014].
About the Author
All contributions by Lukas Karsten
Citation
Lukas Karsten: “Africa (Toto)”. In: Songlexikon. Encyclopedia of Songs. Ed. by Michael Fischer, Fernand Hörner and Christofer Jost, http://www.songlexikon.de/songs/africabytoto, 10/2014 [revised11/2014].
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